Dichtung, Wahrheit und alles Dazwischen

Gewiss, ich weiß auch, man soll ein Buch nicht nach seinem Cover beurteilen, aber diese Frau mit der wilden Mähne voller säbelklingenartiger Spitzen, auf denen (für mich) nicht entzifferbare Notizen stehen, diese Frau, von der nur die Augen mit dem wachen Blick ausgeleuchtet sind, der Rest bleibt im Schatten, die muss man einfach anschauen. Und wenn man ihr schon in die Augen geblickt hat, nun, dann bleibt einem kaum etwas anderes übrig, als das Buch in die Hand zu nehmen, aufzuschlagen und sich sogleich lesend in die Welt von Slata Roschals „153 Formen des Nichtseins“ zu begeben.

Das Cover von Slata Roschals "153 Arten des Nichtseins"

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Goldglänzend

Ganz schön schwierig: Wie schreibe ich über einen Theaterabend, der sich selbst „Showtime (ein enttäuschender Abend)“ nennt, in dem es ums Scheitern und um Enttäuschung geht, der aber durch und durch mitreißend ist? Am besten, ich fange mit den Fakten an: Das Stück, geschrieben und inszeniert von Felix Krakau, hatte gestern Abend in der Essener Casa Premiere, und Universalschauspieler David (Christopher Heisler) fesselte das Publikum von der ersten bis zur letzten Sekunde.

Vor goldglänzendem Vorhang steht ein Mann mit Abendanzug und Fliege - der Universalschauspieler David.
Christopher Heisler (Universalschauspieler David) in „Showtime (ein enttäuschender Abend)“ von Felix Krakau, Regie: Felix Krakau. Premiere am 30. September 2023 in der Casa des Schauspiel Essen. (c) Birgit Hupfeld
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Literaturnotizen mit Abstand (2)

Und weiter geht es mit meinem Versuch, meiner eigenen Lektüre hinterher zu schreiben. Diesmal mit drei Büchern aus männlicher Feder in der Reihenfolge ihres Erscheinens. Los geht es mit Robert Musils Nachlass zu Lebzeiten, das 1936 erstmals erschien.

Drei Bücher auf einem Balkontisch vor blauem Sommerhimmel: Ketil Bjornstad "Die Frau im Tal", J.M. Cotzee "Der Junge" und Robert Musil "Nachlass zu Lebzeiten"
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Literaturnotizen mit Abstand (1)

Immer wieder darüber zu klagen, dass ich mich nach wie vor das Leben mit seinen Unwägbarkeiten so in Atem hält, dass ich zum öffentlichen Schreiben nur noch sporadisch komme, bringt ja nichts und niemand weiter … bevor ich aber Gefahr laufe, unter umstürzenden Stapeln ausgelesener Bücher begraben zu werden, schreibe ich doch lieber über die ersten drei davon …

Sechs Bücher, umkippend auf einem Balkontisch vor blauem Sommerhimmel: "Girl, Woman, Other", "Die Erde trägt ein Kleid aus Worten", "A Manual for Cleaning Women", "Die Frau im Tal", "Der Junge" und "Nachlass zu Lebzeiten"
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Anfangen

Wie anfangen – eine neue Intendanz, die erste Spielzeit, das erste Stück oder auch einfach nur einen Text über eben dieses? „Doktormutter Faust„, Fatma Aydemirs feministische Überschreibung von Goethes Klassiker, beginnt in der Inszenierung von Selen Kara gewissermaßen vor dem Anfang. Mir erschien das riesige Video eines Menschen in Embryostellung im Theaterdunkel des Essener Grillo-Theaters gestern Abend jedenfalls wie der Moment unmittelbar vor der Geburt. Oder war’s doch die Ruhe vor dem Sturm?

Drei schwarzgekleidete Gestalten, die halb an Rocker, halb an Zombies oder ungelenke, schwarze Engel erinnern,  treten durch Nebelschwaden aus dem Bühnendunkel
Beritan Balcı (Dichterin), Nicolas Fethi Türksever (Lustige Person) und Silvia Weiskopf (Dichterin) in der Uraufführung „Doktormutter Faust“ von Fatma Aydemir frei nach J. W. von Goethe (Auftragswerk), Regie: Selen Kara. Premiere am 9. September 2023 im Grillo-Theater Essen. (c) Birgit Hupfeld
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Literatur, musikalisch

Phrasen, Themen, Motive, dazu Rhythmus, Wiederholung und Variation – das sind nur einige Parallelen zwischen Literatur (in diesem Fall erzählender Prosa) und Musik. Zugleich spricht man ja immer wieder von „symphonischen Dichtungen“ und Tschaikowsky selbst gehörte wohl zu den Menschen, die Lebenserfahrungen in Kunst verwandelten, darin geradezu den Auftrag an sich als Künstler sahen. Das galt für ihn in besonderem Maße für sein letztes Werk, die „Symphonie Pathétique“. Wie passend, dass Klaus Mann diesen Titel auch für seinen 1935 erschienen Tschaikowsky-Roman wählte.

Die Taschenbuchausgabe von Klaus Manns Roman "Symphonie Pathétique" auf schwarzem Grund vor einem Kissen mit dem Schattenriss eines Hirsches
Ein Werk mit starken Kontrasten und vielen Ornamenten: Die „Symphonie Pathétique“ von Tschaikowsky bzw. ihre literarische Tochter, der gleichnamige Roman von Klaus Mann.
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Einfach nur wunderbar

Manche Bücher sind so schön, berühren so tief, dass ich am Ende das Gefühl habe, ich muss sie ganz vorsichtig beiseite legen und erstmal durchatmen, das Erlesene überschlafen, bevor ich darüber schreiben kann. Einfach, weil diese Bücher zugleich so zart – so feingewoben – sind, dass sie ungemein zerbrechlich wirken, obwohl sie doch so stark in mir nachwirken. Was als paradoxes Bild ziemlich gut zu meiner Vorstellung von dem Armband aus dreiundreißig schimmernden Perlen passt, das Sharon Dodua Otoos Roman „Adas Raum“ durchzieht.

Das Cover der Taschenbuchausgabe von Sharon Dodua Otoos Roman "Adas Raum"
Öffnet Denkräume und Echokammern für fühlende Wesen: Sharon Dodua Otoos Roman „Adas Raum“.
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Gedankenband: Essays Two

Vor über einem Monat legte ich los, um mit meiner „Viererbande“ über vier Bücher zu schreiben, deren Lektüre ich gerade beendet hatte, und jetzt erst komme ich zum vierten und dicksten Buch: „Essays Two“ von Lydia Davis kommt immerhin auf 568 Seiten, prallvoll gefüllt mit klugen und anregenden Gedanken. Was natürlich auch heißt: Selbst oder gerade erst recht nach der langen „Wartezeit“ kann ich leider mit meinen Gedanken dazu die Fülle von dessen Inhalt allemal an der Oberfläche streifen …

Das Hardcover von Essays Two von Lydia Davis
Mag recht schwer in der Hand liegen, beflügelt aber dennoch das Denken: Lydia Davis
„Essays Two“
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Glauser-Gratulationen, leicht verspätet

Am letzten Wochenende waren sie der Höhepunkt der CRIMINALE, die dieses Jahr in Darmstadt stattfand: Die Verleihungen der Glauser-Preise für den besten Kurzkrimi, den besten Kinderkrimi, den besten Jugendkrimi, das beste Debüt und den besten Kriminalroman des Jahrs 2022. Ich konnte leider nicht vor Ort sein, nur indirekt mitwirken, indem ich die Vorlesetexte für die Bühne im Vorfeld auswählte. Hier nun leicht verspätet, aber nicht minder herzlich meine Gratulation an alle Gewinnerinnen und Gewinner!

Die Cover der Glauserpreisträger
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Opernnotiz

Irgendwann im April muss es gewesen sein. Endlich kam ich dazu, mir „Madame Butterfly“ im Essener Aalto Theater anzuschauen und natürlich auch anzuhören. Und was soll ich sagen? Man mag dem Bühnenbild (Alfred Peter) mit Obama-Konterfei die 12 Jahre ansehen, die seit der Premiere von Tilman Knabes Inszenierung vergangen sind, aber das Werk ist so frisch und berührend, als sei man bei seiner Entstehung anwesend.

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