Tallinn in fünf Tagen und einem halben (1)

Wie die Zeit rast. Nicht nur im Urlaub, sondern auch danach – denn seit wir in Tallinn waren, sind bereits drei Wochen vergangen. Also nichts wie ran an die Tasten und das Fotoalbum, um wenigstens einen Teil der vielfältigen Eindrücke, die wir aus Estlands Hauptstadt mitbrachten, hier zu „verewigen“. Los ging’s bei schönstem Sonnenschein:

Über den Flügel "unserer" SAS-Maschine hinweg geht der Blick zum nächsten Gate, an dem eine kleine Eurowingsmaschine wartet. Darüber ist der Himmel einfach nur strahlend blau.
Wenn doch nur alles an Flughäfen und Flugreisen so wunderbar weit und schön wäre wie dieser Blick aus unserem Flieger ….

Sonntagsmorgen in aller Früh zum Flughafen fahren, ist eigentlich so gar nicht unser Ding. Doch da man als autoloser Mensch sonst sechs Zugtickets bei vier verschiedenen Bahngesellschaften erwerben muss, um aus dem Ruhrgebiet nach Tallinn zu gelangen, blieb kaum etwas anderes, als von Düsseldorf über Kopenhagen zu fliegen. Dass es jedoch Menschen gibt, die einchecken, Gepäck aufgeben, die Sicherheitskontrolle hinter sich bringen, um dann nicht in den Flieger zu steigen, hätte ich nie gedacht – aber genau das sei passiert, erklärte der Flugkapitän, als wir (also alle anderen) unsere Plätze eingenommen hatten, und deshalb würde es jetzt noch etwas dauern, weil erstmal das Gepäck im Bauch des Flugzeuges gefunden und wieder ausgeladen werden müsste, bevor wir uns zur Startbahn begeben könnten. Es rumpelte und pumperte, wir freuten uns einmal mehr, nur mit Handgepäck unterwegs zu sein, und dann ging es schließlich doch los. Einen ereignislosen Umstieg in Kopenhagen und einen ruhigen Flug ins Baltikum später setzten wir in Tallinn, am „coziest airport of the world“ auf. Stimmt, den heimeligen Eindruck störte nicht mal der Anblick von Soldaten aus vier Nationen, denen wir beim Gang durchs einzige Terminal begegneten.

Ein Doppelbett im Hotelzimmer, weiße Laken, weiße Kisseen, die indirekt beleuchtete Wand am Kopfende zieren drei stilsierte fische aus bronzefarbenem Metall. Durch die Gardinen vor den bodentiefen Fenstern neben dem Bett schimmert blau das Tageslicht.
Das Hotelzimmer bevor wir auspackten 🙂

Mit dem Taxi fuhren wir in die Stadt und staunten unterwegs vor allem über die Sprache auf den Werbeplakaten. Estnisch ist überaus vokalreich und man glaubt sofort, dass das Finnische seine einzige lebende Verwandte ist. Wir checkten im Hotel ein (hässlich-modern von außen, geräumig-modern von innen), ruhten uns kurz aus und brachen dann zu Fuß auf in die Stadt. Schließlich war es hier schon später Nachmittag.

Wie vorhergesagt, war der Himmel bedeckt, doch in der Altstadt gibt es genug bunte „Bewohner“ –

Ein kindsgroßer Plüschelch mit blauem Shirt sitzt unter einem bunten Regenschirm vor dem Schaufenster eines Souveniergeschäfts

– und bilderbuchschöne, bonbonfarbene Altstadtgassen:

Eine enge, kopfsteingepflasterte Altstadtgasse mit bunten, mehrgeschossigen Stadthäusern.

Selbst, wenn man hier völlig planlos herumläuft, kann man die berühmte Stadtmauer – eine der größten aus dem Mittelalter stammenden -, nicht verfehlen. Kein Wunder, dass sie einer der Gründe ist, warum Tallinns Altstadt insgesamt Weltkulturerbe ist.

Ein Teil der mächtigen, alten Stadtmauer aus dem Mittelalter, davor eine Reihe Fahrradparkplätze. All das grenz an ein altes zweistöckiges Haus aus rotem Backsteinhaus, hinter dem die Umrisse einer kleinen orthodoxen Kirche zu sehen sind.

Dass Tallinn einst Teil der Hanse war, ist ebenfalls nicht zu übersehen:

Das dottergelbe Haus der Hanse in Tallinn mit seienn gotischen Fenstern im Hohparterre und dem mächtigen, dreieckigen Giebel wirkt wie ein altertümliches Gotteshaus.

Das 600 Jahre alte Haus der Großgilde erinnert ein bisschen an einen Sakralbau und beherbergt heutzutage das estnische historische Museum. Wir fotografierten es vom Inder schräg gegenüber. Ob es einen Zusammenhang zwischen Hanse, Handel und den zahlreichen indischen Restaurants in der Stadt gibt, konnten wir leider nicht herausfinden.

Große Bäume erheben sich über einem eingeschossigen, schnörkellosen Bauwerk, das wie eine Reihe Garagen aus Beton geformt ist, doch vor vor Blütenpracht schier explodiert: Der Blumenmarkt vor den Toren der Altstadt Tallinns.

Nach dem Essen setzten wir unseren Spaziergang fort und entdeckten gleich hinter einem der Stadttore den großen Blumenmarkt der Stadt. Egal zu welcher Tages- oder Abendzeit wir in den nächsten fünf Tagen hier wieder vorbeikommen sollten, er war stets geöffnet und gut besucht.

Doch nicht nur Blumen liebt man hier, auch die Künste. So führte unser Weg vom Hotel in die Altstadt vorbei an Oper und Konzerthaus – und auch das Nationaltheater ist nicht weit:

Ein schwarzer LKW mit weißer Schrift, dessen Führerhaus am linken Bildrand abgeschnitten ist und ein weißer Transporter mit schwarzer Schrift, die vor einem offenbar großen Gebäude mit Laderampe und schmalen, opaquen Fenstern stehen, gesehen durch die Blätter des untersten Astes eines großen Baumes ganz links: "Draamateater" steht auf den Fahrzeugen.

Theoretisch hätten wir in jeder dieser Institutionen mit unserer Tallinn Card günstigere Karten bekommen … jetzt aber wollten wir zurück zum Hotel.

Übrigens sind nicht nur die Menschen in Estland sehr freundlich, auch die Möwen benehmen sich hier gesitteter, als hießen sie alle tatsächlich Emma, wie Morgenstern einst schrieb. Dieser Jungmöwe begegneten wir täglich, leider erwies sie sich als eher fotoscheu.

Eine braungrau gefleckte Jungmöwe läuft an einer Reihe Schaufenster vorbei vom Betrachter weg.

Zurück im Hotel machten wir noch kurz Halt in der Bar in der Lobby auf ein Bier im holzvertäfelten Urwald, sozusagen:

Ein Raum mit sehr hohen Wänden, die das Bild auf drei Seiten wie eine Bühne begrenzen. Links und rechts sind diese Wände kastanienbraun und indirekt beleuchtet. Rechts gibt es Säulen und dazwischen hohe, matt Spiegel mit verzierten Gittern davor; links handelt es sich um vertikale Lamellen vor den Fenstern. Die Wand, auf die man direkt schaut ist voller grüner Pflanzen, Blätter, Lianen, etc, die herabzuhängen scheinen. Darunter die bunten Flaschen der Bar und rechts vorn der Schatten des lesenden Barkeepers. Über ihm hängen drei gewaltige Stränge, die so mit länglichen Glühbirnen bestückt sind, dass sie wie gigantische Eierstränge aussehen.

Ich meine jedenfalls, in der Nacht hätte ich von pflanzenüberwucherten Flugzeugen geträumt und womöglich waren da auch eine Möwe und ein Elch auf einer Stadtmauer …

Dieser Beitrag wurde unter Unterwegs abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert