Heilung. Ein Roman.

Schon als ich die ZEIT-Kritik von Timon Karl Kaleytas zweitem Roman „Heilung“ las, wusste ich, dass ich mir das Buch wünschen und es am liebsten mit in den Urlaub nehmen würde. Dieser Roman sollte am Stück gelesen werden, dessen war ich mir sicher. Und genauso kam es auch, wobei das Buch selbst am Ende nicht das hielt, was die Lobeshymne in der Presse versprochen hatte.

Die Hardcoverausgabe von Timon Kalr Kaleytas Roman "Heilung"
Ein Roman voll großer, schöner Worte, ganz wie das Heilsversprechen des Resorts, in dem er spielt: „Heilung“ von Timon Karl Kaleyta

Anhaltende Schlaflosigkeit und der Wunsch seiner erfolreichen Gattin, dass er diese überwinden und wieder zu sich kommen möge, treibt den Ich-Erzähler in das seltsame Nobelresort San Vita, wo er Heilung finden soll. Dabei handelt es sich um eine Art moderner Zauberberg, mysteriös, in einer Winterlandschaft irgendwo in den Dolomiten gelegen und mit einem Zwerg als Hausfaktotum, unterirdischen Gängen, Höhlen und Gemächern, in denen neben den üblichen Wellnessanwendungen unorthodoxe bis abgedrehte „Heilungsmethoden“ (von Klopstockgedichten zum Frühstück über Wasserbettenräume bis hin zu einer Art Isolationstherapie und mehr) zur Anwendung kommen. Leicht befremdet betrete ich diese Szenerie, in der die Abwehr des Ich-Erzählers verständlich erscheint und bin doch fasziniert von all den eigenartigen Vorgängen hier. Kann das ernst gemeint sein, muss es sich hier nicht um Parodie, um Satire handeln, frage ich mich lesend, und erliege doch dem Sog der wohlgesetzten Worte und oftmals suggestiven Bilder, der mich Seite um Seite immer tiefer in die Sache hineinzieht.

Mit jedem erzählten Tag, jedem geschilderten Erlebnis wird die Geschichte immer mysteriöser. Wehrte sich der Erzähler im Sanatorium vor allem gegen das Ansinnen, sich auf sein „Unbehagen“ einzulassen und so einen Weg zur „Heilung“ zu finden, ist er im zweiten Teil, in dem er sich zu seinem lang gemiedenen Kindheitsfreund in eine andere Art der Einöde und Abgeschiedenheit flüchtet, genauso wild entschlossen, zu bleiben und ganz und gar Teil zu werden, koste es, was es wolle. Selbst als ihn das Leben auf dem Hof des Freundes unübersehbar krank macht, hält er noch daran fest. Was sucht er hier, warum tut er sich das an, wem will er was beweisen, und vor allem, wohin soll das alles führen, frage ich mich lesend nun.

Dann kommt, recht abrupt, das Ende. Als seien dem Erzähler die Worte oder dem Autor die Ideen ausgegangen, vielleicht standen auch nicht mehr Seiten zur Verfügung. Es kracht und knallt, im wörtlichen wie übertragenen Sinne, und dann springt alles sozusagen zurück auf Anfang. Der Ich-Erzähler kehrt nach Hause zurück. Einfach so, bloß dass er sich jetzt anscheinend besser, männlicher fühlt.

Aha. Vielleicht bin ich nicht das Zielpublikum, mich überzeugt das jedenfalls nicht. Und so sitze ich nun hier, und weiß nicht recht, was ich mit dem Buch machen soll: Es zu lesen war über weite Strecken ein beinahe süchtig machendes Vergnügen. Das Ende dagegen hinterlässt bei mir nichts als schalen Nachgeschmack. Große Sogwirkung mit wenig Substanz, so ließe es sich für mich am besten auf den Punkt bringen, fürchte ich.

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