Ein Krankenzimmer, eine Frau im Bett, die auf einen leeren Besucherstuhl blickt, dahinter ein Fenster mit kahlen Bäumen und grauem Himmel, das ist schon beinahe alles, was in Eva Figes schmalem Roman Days aus dem Jahre 1974, vorkommt. Und das Beklemmende an der Sache ist nicht, dass die Frau im Bett nicht aufstehen, sich nicht bewegen kann – obwohl die Vorstellung, so auf andere angewiesen zu sein, gewiss schon alles andere als angenehm ist.
Aber die Abhängigkeiten gehen in diesem Buch viel tiefer, reichen weiter als es das bloße Krankenhaussetting vermuten lässt. Hier liegt letztlich nicht nur eine Frau, eine einzige Erzählerin, für deren Lähmung es keinen medizinischen Grund gibt, sondern in dieser Figur mischen sich drei Generationen. Mütter, deren Krankheiten Töchter zum Mutterersatz machen, Lähmungen, die die Leben aller schier einfrieren – Kranke, die auf Besuch warten, Gesunde, die um die Kranken kreisen und sie vor weiterem Unbill des Lebens – wie Männer, die sie verlassen -, schützen wollen und doch nicht können. Tage, die einander gleichen wie ein Huhn in der Legebatterie dem anderen. Tage, denen man nur durch Krankheit und Tod entkommt.
Beklemmend wird das nicht nur vom Stoff her und dank der dichten Sprache, sondern vor allem durch die Erzählweise: so wie ein Kranker in einem Krankenzimmer den Überblick über die Zeit verlieren wird, wenn ein Tag wie der andere verläuft, so droht der Leser sich in der Parallelität der Frauenschicksale (oder auch der nicht selbst gelebten Frauenleben, so schien es mir jedenfalls zeitweilig beim Lesen) zu verirren. Wer ist gerade die Mutter, wer die Tochter? Welche von beiden ist aktuell die Kranke, welche diejenige, die erinnert? Die Übergäng sind fließend, geschehen oft unmerklich. Und wird die letzte Tochter, die, die noch kein eigenes Kind hat, die noch nicht den Seitenwechsel im Rollenkreislauf angetreten hat, vielleicht entkommen können?
Man hofft, aber wissen kann man es nicht. Genau wie es schwer zu sagen ist, ob es ein gutes Ende nimmt mit der Frau im Bett, wenn sie dieses am Ende endlich verlässt, um sich auf den Besucherstuhl zu setzen und sich selbst beim Sterben zuzusehen.
„Entrisch“, würde vielleicht ein Österreicher sagen. „Eerie“ womöglich der Engländer, und „haunting“ obendrein. Ich nenne es „beklemmend“, verneige mich vor Figes Kunst und hoffe, irgendwann die Fähigkeiten zu besitzen, zugleich so präzise wie mehrdeutig schreiben zu können wie sie, auf dass die Bedeutungen changieren, oszilieren und ein Vexierbild im Vergleich geradezu banal-festgelegt erscheint.