Die Ferien haben längst begonnen, und das nicht nur im Theater. Und dass ich im Aalto-Theater in Essen Wolfgang Amadeus Mozarts La Clemenza di Tito sah, ist noch länger her. Was mich jetzt aber doch ein wenig schockiert: Die Inszenierung, die Anfang Juni erst Premiere hatte, ist inzwischen spurlos vom Spielplan wie von der Webseite der TUP verschwunden.
Kaum sechs Wochen stand die erste Opernregie von Frédéric Buhr also nur auf dem Spielplan, und wie oft sie tatsächlich zu sehen war, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Gut, für mein Empfinden kann das Auftragswerk zur Krönung von Kaiser Leopold II. nicht mit anderen Werken Mozarts mithalten. Allein, wenn man sich die Handlung anschaut, merkt man doch sehr, dass da jemand – konkret wohl der Librettist Catterino Mazzola – einem künftigen Herrscher Weisheit und vor allem Milde (Clemenzia) ins Stammbuch schreiben wollte. Und beim Blick auf die Entstehungsgeschichte fällt das Hin und Her auf, wer mit wem was genau in welcher Besetzung realisieren soll.
In Essen hieß das, u.a., dass die beiden Freunde, der zum Anschlag auf den Kaiser von dessen abservierten Ex-Geliebten Vittelia (überdreht: Jessica Muihead) verführte Sesto (zaudernd bis zerrissen: Bettina Ranch), und Annio (emotional stark: Liliane de Sousa), von Frauen gesungen wurden – und das sehr gut, genau wie mir Sevilla (berührend: Christina Clark) wirklich gefiel. Was nicht heißen soll, dass die anderen Solisten inklusive Titus (Dmitry Ivanchey), schlecht gewesen wären (schlecht ist nur, dass ich das Programmheft nicht zur Hand habe) – und der Chor war überzeugend, wie eigentlich immer, wenn ich mir bislang etwas im Aalto-Theater angeschaut habe.
Ob man das Ganze in ein Flughafenterminal mit Panoramafenstern (mit Flugbetrieb als Dauerfilmeinspielung über die komplette Bühnenbreite) verlegen musste, um etwas gezwungen eine Parallele zu Terroranschlägen aus jüngster Zeit herzustellen, darüber lässt sich streiten. Genau wie es eine Geschmacksfrage sein dürfte, ob man die stark an die 1960er erinnernden Kostüme mag oder nicht.
Generell jedoch erscheint mir nichts davon als Grund, erst den Aufwand zu betreiben, diese Oper einzustudieren und gewissermaßen als „krönenden Abschluss“ der Spielzeit auf die Bühne zu bringen, um dann dem Publikum keine echte Gelegenheit zu geben, sich ein eigenes Urteil zu bilden. Nun ja, womöglich waren die Verantwortlichen dafür einfach selbst urlaubsreif …