Krimikurzkritik: „Lost in Fuseta“

Laut Untertitel handelt es sich bei Gil Ribeiros Roman um einen Portugal-Krimi. „Wie passend“, dachte ich vorhin, als ich das bei der Auswahl des Fotos noch einmal las. Dann fiel mir ein, hm, woher weiß ich das eigentlich, wenn ich bisher noch nie in Portugal war?

Das Cover der Taschenbuchausgabe von Gil Ribeiros "Lost in Fuseta" auf blauem, halb sonnigem, halb schattigem Grund.

Das Meer, die Landschaft, die Menschen, Saudade, das komplizierte Verhältnis zu Spanien und das komplexe zu gutem Essen und Wein und der verblichene Glanz eines ehemaligen Weltreichs, all das sind Aspekte des Buches, Teil seiner Atmosphäre. Zusammen erschafft das einen Urlaubsflair jenseits des Massentourismus, sozusagen, schließlich ist (oder war?) Fuseta kein besonders touristischer Ort. Dennoch, man bekommt beim Lesen ein Feriengefühl, wie es auch das Coverbild mit blauem Meer und weißen Häusern samt Licht und Schatten vermittelt. Wäre da nicht dieser Riss im Bild, der Riss in der Idylle, ohne den kein Krimi auskommen kann.

Dieser hier hat einen soliden Plot (inklusive Relevanz dank Trinkwasserprivatisierung) und ebensolche Figuren, wobei Leander Lost, ein Hamburger Kommissar, den ein Austauschprogramm mit Sub-Inspektorin Rosado und Sub-Inspektor Esteves zusammenspannt, sicherlich die spannendste ist, denn er ist ein Asperger-Autist mit ein paar besonderen Fähigkeiten. Manche, wie das fotografische Gedächtnis, prädestinieren ihn als Kriminalisten, während die Unfähigkeit zu lügen durchaus ein Handicap ist.

Wegen Leander las ich das Buch und blieb dran, auch wenn mir die Beliebigkeit der immer wieder gebrochenen Erzählperspektive auf die Nerven ging: an sich wird wechselnd personal erzählt, dabei jedoch wieder und wieder mitten in der Perspektive des einen unvermittelt und zumeist völlig überflüssig für einen Satz in die Innensicht einer anderen zu springen. Alles in allem ist die Geschichte unterhaltsam, der Fall in sich logisch, allein, was ich genau von diesem Kommissar und vor allem der Darstellung eines Asperger-Autisten halte, das weiß ich noch nicht. Es kommt mir zu glatt vor, zu zugespitzt, es passt nicht ganz zusammen oder doch wenigstens nicht zu dem, wie ich Menschen aus dem autistischen Spektrum, die mir immer wieder begegnen (etwa in meinen Unikursen, worüber ich mich jedes Mal freue, weil sie mir in manchem, nein, vielen näher sind als viele neurotypische Menschen), erlebe.

Zu gerne wüsste ich, wie sich dieser Krimi für Asperger-Autisten liest und würde mich über entsprechende Kommentare freuen. Aber ich glaube, die Verfilmung des Romans werde ich mir eher nicht anschauen …

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