Was haben Pearl S. Buck, Jan Weiler, Andrew Vachss, Per Petterson sowie Sabine Walther und Hermann Cölfen gemeinsam? Logisch – ich hab grad Bücher von ihnen beendet. Wobei das nicht so ganz stimmt, denn bei Weilers Drachensaat war und bin ich weit entfernt davon, die letzte Seite lesend zu erreichen.
Viel gelobt haben das Buch andere, und das sogar auf eine Art, die mir nicht abschreckend im Hirn hängen blieb. Eigentlich freute ich mich über das Buch, als es ich es in einem Lesecarepaket einer Freundin. Aber nach 80 Seiten fragte ich mich, was soll ich mit einem Haufen konstruierter, fiktionaler Verrückter anfangen, für die sich nicht einmal der Autor interessiert? Anscheinend hält er sein eigenes Geschwafel für Literatur und seine unentschiedene, uneigentliche Haltung zu seinen Geschöpfen, seiner Geschichte und dem Rest der Welt für Humor. Alles Quatsch. Für mich liest sich das wie der typische Fall eines Autoren, der eine (medienwirksame) Idee hatte, und sie sich dann augenzwinkernd bis ach-so-ironisch, vielleicht sogar manchmal sarkastisch vom Leib hält, statt sich auf die Sache einzulassen. Reine Zeitverschwendung.
Per Pettersons Ich verfluche den Fluss der Zeit habe ich immerhin zuende gelesen. Es war meine erste Begegnung mit diesem Autor und auch das erste Mal, dass ich bewusst das Prosawerk eines Norwegers las. Kopfreisen nach Skandinavien, Hirnvisite bei einer besonderen Mutter-Sohn-Geschichte, warum nicht? Auch dieser Autor ist hochgelobt, auch dieses Buch wurde weitgehend glänzend rezensiert. Immerhin kann er mit Sprache umgehen (Weilers Sprachmacken werde ich hoffentlich bald gnädig vergessen haben) und hat Lust, mit ihr zu spielen. Manchmal wird er bei aller Wortkargheit übermütig und schlägt Kapriolen, die nicht immer schön oder sinnvoll sind. Was er mir sagen will, weiß ich allerdings am Ende des Buches (wenn man seine letzte Seite denn so nennen kann) noch immer nicht. Vielleicht liegt’s an der Übersetzung. Vielleicht an meiner mangelnden, norwegischen Literaturerfahrung. Aber zumindest an letzterem ließe sich ja etwas drehen …
Für Pearl S. Bucks Die Frauen des Hauses Wu habe ich womöglich zu viel oder doch die falsche literarische Erfahrung – es sei denn, der Fehler lag schlicht darin, dass das Buch mir auf Deutsch geliehen wurde. Allerdings glaube ich nicht, dass die seltsame Künstlichkeit der Sprache und mehr noch des Erzählens, der Figuren, ja, der gesamten Szenerie, ein Übersetzungsproblem ist. Nach den Klassikern der chinesischen Literatur, selbst nach all den Novellen und Erzählungen voller tugendhafter Ehefrauen (die sind zumindest in der kurzen Prosa des Chinas des 18. Jahrhunderts eine Weile lang die Modeerscheinung schlechthin) kam die Nobelpreisträgerin für mich höchst artifiziell rüber. Und das wohl eben gerade nicht, weil mir chinesisches Denken und Leben zwischen zwei Buchdeckeln fremd wäre, sondern weil ich nicht so recht nachvollziehen konnte (und kann), warum eine Amerikanerin unbedingt vorgeben möchte, sie sei eine traditionelle Chinesin Anfang des vorigen Jahrhunderts (selbst, wenn sie in China aufgewachsen ist). Aber, immerhin, so schnell gebe ich nicht auf. Bloß: Welchen Roman von Mrs. Buck soll ich als nächstes lesen – natürlich im Original?
Emmys Angst von Hermann Cölfen & Sabine Walther begegnete ich zuerst in unserer gemeinsamen Lesung in der Pathologie der Helios-Klinik in Krefeld. Sie hatten spannende, vielversprechende Stellen ausgewählt, die überdies in der Verdolmetschung von Doro Funk wunderbar aussahen und Lust auf mehr machten. Das habe ich bekommen, bloß leider gilt halt auch bei Büchern des öfteren "weniger ist mehr". Viel zu viele Figuren, da verliere ich den Überblick, und dennoch bleibt mancher Plotkniff wenigstens für mich durchsichtig. Das ist schade, denn die Pflegegeschichte, die Milieuschilderungen aus dem Krankenhaus, das völlig unglamouröse Leben der Schwestern und Pfleger, all das hat Hand und Fuß und ist an sich schon höchst spannend (muss ja auch einen Grund haben, warum ich heute den Roman las, statt zu arbeiten … ;-). Für mich hätte es den Krimiplot als solchen gar nicht gebraucht, ich hätte lieber noch viel mehr über das Leben im Wechselschichtdienst, zwischen Patienten und Ärzten, eingequetscht zwischen ethischen Fragen, medizischen Notwendigkeiten und dem, was man wirtschaftliche Sachzwänge nennt, erfahren.
Nicht mehr erfahren werde ich dagegen über Burke, den Serienhelden von Andrew Vachss, denn Another Life ist wohl nicht umsonst als "final Burke novel" gekennzeichnet. Okay, ein bisschen mehr müsste schon gehen, denn da es angeblich 18 Bücher in dieser Serie gibt, ich aber nur 17 habe, fehlt mir wohl noch eines. Und, ganz ehrlich, bei dieser Serie geht’s mir primär weder um Spannung noch um Literatur, da spielt es keine Rolle, wenn Reihenfolgen durcheinanderkommen, denn wichtig ist mir daran vor allem eines: nach Hause kommen. Klingt wahrscheinlich schräg, ist aber so. Die Emotionen, um die es bei Vachss wieder und wieder geht, kenn ich, kennen wir nur allzu gut. Im Notfall könnten wir also seine Bücher einfach wieder von vorne lesen, wenn uns nach diesem ganz speziellen Abstieg in allzubekannte Höllen ist. Aber, wer weiß schon, was der Mann als nächstes schreibt.
Ich sollte mich jetzt aber wieder an meinen Roman No. 4 machen …
Erster, letzter und so manch anderes
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