Das ist das Stichwort, das Alfred Jarry bereits vor geraumer Zeit seinen Ubu als Zeichen zum Königsmord wählen ließ. Absurdes Theater über einen Tyrannen war die Folge, "ach du Schreitze" wäre da eine zu harmlose Reaktion. Das dachte wohl auch der britische Dramatiker Simon Stephens und setzte Jarrys Stück noch einen weiteren Akt drauf – Ubu muss sich vor Gericht verantworten, und, als hätten wir’s nicht alle vorher gewusst, das Recht kann dem Tyrannen keine juristische Schuld nachweisen, von Gerechtigkeit mal ganz zu schweigen. Ach du Schreitze … wer braucht denn so etwas?
Das Premierenpublikum in Essen reagierte entsprechend verhalten. Die Schauspieler mühten sich redlich respektive schlugen sich überaus tapfer – hätte ich’s nicht vorher gewusst, dass Regisseur Nübling sich anscheinend seiner Kunst so unsicher war, dass er noch am Morgen des Premierentages eine Probe einlegte, gemerkt hätte ich’s garantiert nicht. Trotz manch hübschem Regieeinfall im ersten Teil, also Jarrys Stück, entstand kein tragender Spannungsbogen und der Abend wurde vor allem im zweiten Teil lang und länger.
Dass Autor Stephens beim Schlussapplaus gar zwischen Dankes- und Siegerpose schwankte, hab ich rein gar nicht verstanden, da verfiel ich kurzzeitig in heftiges Fremdschämen. Hat er nicht gehört, wie lahm, rein höflich der Applaus war bzw. konnte er sich nicht denken, geklatscht wird für die Schauspieler? Was hat er sich überhaupt dabei gedacht? An ein altes Stück einen neuen Teil dranzustricken, Dadasprache mit Juristenworthülsen zu ergänzen, wo ist denn da die – eigene – Leistung? Ist "Uraufführung" für die schlichte Verlängerung eines bestehenden Werkes überhaupt der angemessene Begriff? Zeitdiebstahl und Langmutprobe hätt’s für mein Empfinden eher getroffen. Schade, den Schauspielern hätte ich ein Werk gewünscht, das es ihnen erlaubt, mit ihren Fähigkeiten im Gesamtzusammenhang zu brillieren … so bleiben ein wunderschönes Anfangsbild, Farbkleckse (schon wieder), Sprachspiele (wenig originelle) und Gewalt als Clownsgeschehen gefolgt von Gerichtsshowversatzstücken … ach du Schreitze.
Ach du „Schreitze“
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