Ausgesprochen

Wie war es denn nun, das erste Mal Spoken Word am Wasserturm am letzten Donnerstag? Gestern in der Sauna kam ich nicht zum Schreiben (wäre ja auch seltsam, dort mit dem Tablet aufzuschlagen, und erlaubt ist es eh nicht ;-)) und befangen bin ich als Mitinitiatorin, -moderatorin und -lesende obendrein. Dennoch hoffe ich, ich kriege mit zwei Tagen Abstand etwas Vernünftiges dazu zusammen …

Unser erster Künstler des Abends war Florian Eichhorn, ein Spoken Word Artist und Autor aus dem Viertel, der Unterhaltsames wie Politisches mit in den Stadtteilladen in der Wörthstraße brachte. Was verdammt gut zum Tag nach dem Tabubruch, der ersten Abstimmungsmehrheit mithilfe der Stimmen der AfD, passte.

Die zweite im Line-up war die Essener Autorin Ursula Sternberg, die aus ihrem aktuellen Ökothriller Ruhrtopia zwei Raps und eine Szene, die direkt am Wassertumr spielte, im Gepäck hatte. Das zeigte, wie cool es sein kann, wenn Romanfiguren rappen und wie heiß unsere nahe Zukunft hier im Ruhrgebiet aussehen könnte.

Für den dritten war es eine Premiere, denn sonst veröffentlicht Sebastian Kießler seine Gedichte als Videos auf TikTok als N057r4d4mu5Pi. Aber Livepublikum kann er auch, wie sich rasch zeigte. Mit „Polarität“ machte er einen Auftakt voller Liebe, ließ dem ein Stück über einen nächtlichen Spaziergang im Viertel folgen und am Ende gab’s „Der nackte Affe ohne Zeit“. Assoziationsreich und gefühlsbetont, dabei nachdenklich, so würde ich seine Texte beschreiben.

Danach wechselte Christina Czeschik aus der Moderatoren- in die Autorenrolle (Jo Koren), um uns aus ihrem neuen, noch in Arbeit befindlichen Roman „König der Fischer“ vorzutragen. Die Stadt am Morgen, wie sie die Ich-Erzählering auf dem Weg zur Arbeit erlebt, genau beobachtet, präzise und doch poetisch beschrieben – ich hoffe sehr, es haben sich reichlich Interessierte auf ihrer Liste für potenzielle Testleser des Romans setzen lassen.

Nach der Pause ging es weiter mit Michael Niemann, zu dem ich leider keinen Link im Netz fand. Das ist schade, sein schon etwas älterer Text, der 24 Stunden in Essen in einer Vielzahl von Schlaglichtern beschrieb, verdient es, gelesen zu werden und ich wünschte mir, ich wüsste, wie ich andere Menschen zu den Anthologien lotsen soll, in denen seine Geschichten zu finden sind. Immerhin, zwei der Bücher stehen nun im Tauschschrank im Stadtteilladen. 🙂

Wer Arnd Federspiels Kurzkrimi „Eiskalt serviert“ nachlesen möchte, muss leider noch bis März warten, denn solange dauert es noch, bis die Anthologie „MORDsJAHRE“ erscheint. In Arnds Geschichte trifft Schwarzer Humor auf True Crime, und ich liebe es einfach, ihm beim Vorlesen zuzuhören, weil dann selbst die tödlichste Angelegenheit höchst lebendig wird.

Wobei ich am Donnerstag feststellte, nach ihm zu lesen, das ist schon ein bisschen heikel: Wie im Vergleich zum Schauspielprofi bestehen – und das in diesem speziellen Fall ausgerechnet mit Lyrik? Ich hab’s überlebt, das Publikum auch, also wird’s zumindest okay gewesen sein, nehme ich an.

Den Schlusspunkt bildete anschließend der Spoken Word Artist Leon Hanke, der ebenfalls im Viertel am Wasserturm zuhause ist. Auch wenn er eingangs fand, ihm fehle das Mikro, um etwas zu bespielen zu haben – ich fand nicht, dass an seinem Auftritt etwas fehlte. Ernsthaftunterhaltsamwitzignachdenklichallesaufeinmal, was will man mehr?

Das war also das erste Mal Spoken Word am Wasserturm, und weil’s dabei zu keiner Katastrophe kam, und Publikum da war und dran blieb, wird’s wohl nicht bei dem einen Mal bleiben. 🙂

P.S.: Tags drauf in der Sauna. Ich trockne mich gerade nach der Abkühlung ab, da höre ich etwas wie „Der Zopf ist anders.“ und schaue auf. Zwei Frauen schauen zu mir rüber: „Wir haben uns gestern gesehen. Beim Poetry Slam. War übrigens gut. Wenn auch der Zopf anders war.“ Das war dann meine Premiere. In der Sauna wurde ich noch nie erkannt. 😉

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