Das Schöne an vergriffenen, fast vergessenen Büchern ist, dass man sie auf eigene Faust neu entdecken kann. Im Internet ist so über Eva Figes‚ 1972 erschienen Roman „B“ praktisch nichts zu finden – bei Amazon gibt es nicht mal ein Foto des Covers und mir ist nirgends auch nur eine Inhaltszusammenfassung begegnet. Dabei hat der es in sich.
Beard, ein erfolgreicher Schriftsteller, zieht zurück ins ererbte, viel zu große verfallende Elternhaus auf dem Land, um über B, einen erfolglosen Schriftsteller, zu schreiben, der eine zeitlang in einem zum Anwesen gehörenden Cottages lebte und mit dem Beard eine eigentümliche Mischung aus Neid (auf dessen künstlerische Radikalität und soziale Ungebundenheit?) und Mitleid bzw. dem Wunsch nach einer Art Männerfreundschaft unter Kollegen verbindet.
Das entstehende Buch über diese Beziehung stellt dabei einen großen Teil dessen dar, was man als Leser liest, zugleich geht es um viel mehr als eine bloße „selfbegetting Novel“, also einen Roman, der sein eigenes Entstehen metafiktional thematisiert, um sich am Ende kurzschlussgleich wie die symbolträchtige Schlange selbst in den Schwanz zu beißen.
Denn während Beard der Geschichte von B. und dessen Aufenthalt im Gamekeeper’s Cottage nachspürt, gerät sein sorgsam gehüteter Schreiballtag – der allein schon des Lesens wert wäre, denn das sind die 70er, hier kann man noch miterleben, wie Schreiben ohne Computer oder gar das Internet funktionierte! – mehr und mehr aus den Fugen. Vergangene Erlebnisse aus Beards erster Ehe, wie gegenwärtige, als er plötzlich nach einer unbestimmten Anzahl von Tagen bemerkt, dass Ehefrau No. 2 nicht mehr da ist, dafür kurze Zeit später ein Skelett in der Ruine des Cottages auftaucht, drängen sich in sein Leben und machen das Schreiben für ihn immer schwerer. Aber er wehrt sich, bleibt dran, auch wenn er – und mit ihm der Leser – immer wieder im Gedankendickicht und Sätzedschungel vorübergehend den Weg aus dem Blick verliert.
Eine Vielzahl von Strängen verweben sich rund um den Schriftsteller, spinnen ihn regelrecht ein, werden zu Stolperfallen etc. Je mehr er versucht, den Schreibprozess wie sein Leben unter Kontrolle zu bekommen, um so ähnlicher werden all diese Stränge Marionettenfäden, die an ihm ziehen – und doch kommt am Ende ein Buch raus.
Und was für eines … ! 🙂
Für mich war es eine ganz wunderbare Entdeckung und ich hoffe, auch, wenn es so lang schon vergriffen ist, werden noch viele interssierte Leser dieses schmale Buch für sich entdecken dürfen.
P.S.: Das Cover ist übrigens Rot, hat aber leider seine Zeit in einer englischen Ausleihbibliothek nicht allzu fotogen überstanden … 😉
Die Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg besitzt als einzige Bibliothek des GVK-Verbundkataloges ebenfalls ein Exemplar. Aber nur in Englisch…
Bislang gibt es auch keine Übersetzungen von Eva Figes‘ Büchern ins Deutsche – was ich, wenn man mich lässt, liebend gerne ändern würde 🙂
Das wäre eine großartige Idee! Deine Zusammenfassung klingt aud jeden Fall sehr vielversprechend!