Dass schon wieder (fast) eineWoche ohne Blogg-Aktivitäten meinerseits verging, ist zum allergrößten Teil den Vorbereitungen für mein Uni-Seminar geschuldet. Und dass all die Mühe heute nur bedingt Früchte trugen, weil der Referent des ersten Vortrags nicht erschien, steht auf einem anderen Blatt. Zeitfresser gibt es nur allzu viele. Zeitreisen à la Rebecca Gablés Der König der purpurnen Stadt dagegen nur sehr wenige.
Schon klar, historische Romane gibt’s zuhauf, das ist geradezu eine Modeerscheinung, fast schon eine kleine Schwemme. So kam es mir, der erklärten Historienromanskeptikerin, jedenfalls bisher vor. Und bislang hatte ich auch kein Verlangen danach, mich auf fiktionale Reisen in diese Art erzählter Vergangenheit zu machen. Allein die Klappentexte lesen sich für meinen Geschmack zu sehr wie die Zusammenfassung des Ergebnisses einer Standard-"Rückführung", wo dann wieder mal ein Mensch entdeckt, dass er oder, statistisch gesehen wahrscheinlicher, sie in einem früheren Leben eine ägyptische Prinzessin, eine griechische oder keltische Priesterin oder aber eine mittelalterliche Hexe war …
Die paar Male, wo ich dennoch nach einem historischen Roman griff, kam ich selten mehr als ein paar Seiten weit. Mal stieß mir die Sprache als unangemessen modern auf, mal konnte ich beim besten Willen nicht die skeptischen Fragen nach der historischen Glaubwürdigkeit der Figuren oder geschilderten Handlungen abschütteln – und drauf einlassen auf die erzählte, fremde Zeit, so richtig, das gelang so gut wie nie.
Auch beim König der pupurnen Stadt war mein Einstieg holprig. Ich musste mich erst einfinden in die andere Sprache, doch dann war es um mich geschehen. Hier ist eine Erzählerin am Werk, bei der ich nicht mehr sagen kann, was wohl größer ist – ihr historisches Wissen oder ihre Fantasie. Aber das greift zu kurz, denn spannend, mitreißend ist ihr Roman, grad weil sich beides so sehr, so untrennbar mischt. Irgendwann ist es dann auch für die Skeptikerin in mir maximal noch von akademischen Belang, ob ein Mensch des 13. Jahrhunderts so empfunden haben könnte bzw. wie man die Grundfrage dahinter – ob der olle Homo Sapiens zu allen Zeiten und damit letztlich auch in allen Kulturen ähnlich bis gleich dachte/denkt und fühlt/eoder ob man von fundamentalen Unterschieden in verschiedenen Epochen ausgehen muss – beantworten könnte, sollte, müsste. Es spielte keine Rolle mehr. Die Figuren und ihre Zeit, das Gewebe aus Rebecca Gablés Vorstellungskraft und ihrer historischen Expertise, die Geschichte, die Erzählung an sich nahm mich gefangen.
Und das bei einem Buch, das viel zu dick ist, um es ständig mit sich herumzutragen, einem Buch, das einen zwingt, im Sessel sitzen zu bleiben und zu lesen. Bei knapp 1000 Seiten brauch selbst ich "Turboleserin" Tage … was an sich nicht schlimm wäre, sondern schön sein könnte, wäre da nicht das nagende, schlechte Gewissen wegen all der Dinge, die so liegenbleiben …
Aber, was muss, das muss. Und sicher muss es demnächst mehr aus Rebecca Gablés Mittelalter für mich sein.
Zeitreisen und Zeitfresser
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