Natürlich kann man sich vor die Höhensonne setzen gegen den Winterblues oder in den Süden davonfliegen. Aber wem das eine zu langweilig respektive das andere zu teuer ist, der kann sich ja mal eine der wunderschönen Wagenbach-Ausgaben eines der Werke von Alan Bennett
besorgen – die schmeicheln der Hand, erfreuen das Auge und sorgen z.B. im Fall von Così fan tutte für reichlich Serotoninausschüttung.
Es ist ein kleines Buch, eher Novelle als Roman, in dem jedes Detail wichtig sein kann und witzig dazu, aber alles mit doppeltem Boden daher kommt. Allein der Name des Ehepaars, das nach einem Opernbesuch die Wohnung vollständig leergeräumt vorfindet und so nach 32 eher ereignislosen Ehejahren gezwungen ist, einen Neuanfang hinzulegen, ist wohl durchdacht: Ransomes heißen sie, und wer dächte da nicht an ransom, an (königliches) Lösegeld?
Er ist Anwalt, knochtrocken oder wohl eher furzlangweilig, der sich abgesehen von seiner Leidenschaft für Mozart allein für seine Arbeit interessiert. Also geht er, ganz stoisch-britisch, am nächsten Tag ins Büro und ist auch sonst überaus bemüht, sich nichts anmerken zu lassen. Sie dagegen geht einkaufen, weil die Diebe alles, bis hin zum Clopapier, mitgenommen haben – und entdeckt darüber ihre Umgebung aber auch sich selbst neu. Skurril sind diese beiden, kafkaesk ist ihre Situation, zutiefst britisch ist Bennetts fein ironischer Erzählstil und doch möchte ich fast wetten, dass es den meisten Lesern ähnlich geht wie mir: man erkennt klammheimlich wahlweise Züge von sich selbst oder anderen Menschen in diesem Paar, das doch einerseits so gewöhnlich ist in seinem typischen Mittelklasseleben, und sich andererseits in einer geradezu absurden Geschichte wiederfindet.
Die mit mehrfachen Wendungen und Windungen den überraschenden wie schlüssigen Weg zu einem schlagartigen, schwarzen und doch bei aller Tragikomik liebevollen Ende findet. Aber das werde ich nicht verraten, wer weiß, sonst wirkt Bennett bei Ihnen vielleicht nicht mehr so gut gegen den Winterblues und das wäre doch wirklich schade.
Aber jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich muss gleich nochmal wenigstens einen Blick in das Büchlein werfen. Das ist die Krux, ist der Suchtfaktor bei diesen kurzen Büchern: kaum ist man durch, ist man versucht, wieder von vorn anzufangen, um im nächsten Durchgang noch mehr Details zu erkennen, noch mehr mitzubekommen, und, wer weiß, vielleicht ist das erst recht gut für den Serotoninspiegel? 😉