Die Achtziger und der Krimi

Vor einigen Tagen beendete ich mal wieder einen Ian RankinSaints of the Shadow Bible. Er vereint die Rebus- und die Fox-Reihe auf gekonnte Weise, hat einen gewohnt gut konstruierten, spannend erzählten Plot und bringt viel von dem mit, was ich Rankins spezifisch schottische Atmosphäre nennen würde. Kurzum, er las sich gut und gefiel mir. Auffällig fand ich jedoch, wie sehr darin immer wieder betont wurde, wie viel sich bei der Polizei seit den Achtziger Jahren verändert habe, und prompt fragte ich mich, ist John Rebus so etwas wie der Letzte Bulle Edinburghs?

Die titelgebenden Heiligen sind bei Rankin eine Gruppe Polizisten, die sich verschworen haben, um einerseits mit (fast) allen Mitteln Verbrecher aus dem Verkehr zu ziehen, andererseits einander bei den dafür „notwendigen“ illegalen Maßnahmen zu decken. John Rebus, so geht die Geschichte, stieß als Anfänger zu dieser Gruppe kurz bevor sie sich wegen eines Skandals um gefälschte/unkorrekt verarbeitete und damit nicht mehr zulässige Beweise in einem Mordprozess auflöste, weil ihr Kopf, der damalige Polizeichef, den Hut nehmen muss.

Ein Fall, der auch nach 30 Jahren noch nachwirkt. Gut, sowas kommt in Romanen und Filmen ja häufiger vor. Die Vergangenheit ist nicht tot zu kriegen und beherrscht oftmals um so mehr die Gegenwart, je mehr man sie zu leugnen und/oder unter den Tisch zu kehren versucht, so in der Art.

Aber woher die Annahme, dass „heute“ die Polizei ganz anders sei, anscheinend weder Gewalt bei Vernehmungen und Verhaftungen noch Manipulationen von Beweisen vorkommen? Welchen Grund gibt es zu glauben, Polizisten seien heutzutage weder frustiert, wenn sie womöglich dieselben Täter wieder und wieder verhaften, diese aber aus Mangel an Beweisen nie wirklich verurteilt werden, noch dass sie darauf niemals eigenmächtig reagieren würden? Hat Harry Potter mit dem Zauberstab gewedelt und dafür gesorgt, dass zumindest auf den britischen Inseln Polizeigewalt und Korruption zur Gänze verschwunden sind?

Okay, auch in der überaus erfolgreichen, deutschen TV-Serie Der letzte Bulle sind die Achtziger Jahre so etwas wie ein mythisch überzeichnetes Macho-Paradies, in dem die Raubeine noch zu den Guten gehörten, selbst, wenn sie mal zulangten … wieso die Achtziger? Und wieso im Krimi?

So grübelte ich vor mich hin. Bis mir einfiel, bei meinem vierten, noch unveröffentlichen Manuskript mag man drüber streiten, wie viel Krimi es ist, aber eines lässt sich nicht leugnen: dass es zum größten Teil in den Achtzigern spielt.Geht es etwa um „Jugendsünden“ heutiger Erwachsener – also eine reine Zeit-Frage? Das und gewisse technische Veränderungen im Geld- und Bankenverkehr, die meinen Plot eindeutig in der ersten Hälfte der Achtziger verorten, war mein Grund, mich schreibend auf die Achtziger einzulassen. Dass ich dabei auf „andere Polizeimethoden“ hätte stoßen können, würde denn Polizei in meinem Roman eine Rolle spielen, wäre mir jedoch nie in den Sinn gekommen.

Oder ist es umgekehrt – geht es (neben gewisser Nostalgie-Kicks) womöglich auch bei John Rebus und Mick Brisgau um die Frage nach den Jugendsünden, die einen Menschen irgendwann einholen können, ganz unabhängig davon, ob sie nun Polizisten oder Bäckermeister sind?

 

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