Es ist zwar schon ein paar Tage her, dass ich in der Essener Philharmonie das Konzert von Roman Borisov mit der Kammerakademie Potsdam unter Leitung der Dirigentin Holly Hun Choe besuchte, aber die Werke von Mozart, Schostakowitsch und Schubert hallen noch nach. Was also ist (mir) geblieben von dieser Aufführung?

Mozart – Schostakowitsch – Mozart – Schubert: Nicht unbedingt eine Abfolge, die sich mir auf den ersten Blick aufgedrängt hätte. Und auch meine klassikversierte Begleiterin konnte sich spontan keinen ‚logischen‘ Reim auf diese Zusammenstellung machen oder gar eine zwingende musikhistorische Erklärung aus dem Stand liefern. Mozarts Sinfonie G-Dur KV 45a war leicht, verspielt, sanft wie ein Aquarell, so kam es mir vor, und ich ertappte mich kurz bei der Frage, wie Holly Hun Choe, die dies schmetterlingshaft sanft und präzise dirigierte, wohl mit der ganz anderen Energie eines Schostakowitsch umgehen würde?
Kraftvoll, mit Schwung und viel Liebe zum Detail, so kam es mir vor – und ich gestehe, normalerweise achte ich nicht so sehr auf die Person am Pult und ich war gewiss zwischendrin auch abgelenkt vom Solisten Roman Borisov am Flügel bei Schostakowitschs Konzert Nr. 1c-Moll für Klavier, Trompete und Streichorchester, op. 35 vor und Mozarts Rondo A-Dur für Klavier und Orchester, KV 386.
Erst lange, nachdem die Schlussakkorde von Schuberts 5. Sinfonie B-Dur verklungen und ich schon wieder zuhause war, noch darüber grübelnd, warum sich die für mich zugleich vertraut und fremd anhörte (aber allemal wunderschön, unbedingt zum Wiederhören, genau wie all die anderen Werke dieses Abends und ihre Mitwirkenden!) und ich das Programmheft hervorzog, begriff ich lesend, warum sich dieses Konzert mit seinem Programm genau so angehört und angefühlt hatte: Es waren allesamt frühe Werke gewesen, entstanden zu Beginn der jeweiligen Karrieren und Lebenswege der Komponisten, und wohl deshalb (noch) leichter, frischer, offener, ungetrübter (das vor allem bei Schostakowitsch) und vielleicht auch experimentier- und zietierfreudiger zugleich. Ansteckend mit ihrer Energie und den offenen Armen, mit denen sie die Welt und die Zukunft umarmen.
Wie passend, dass auch Solist(en) und Dirigentin junge Menschen sind – und wie schön, als nicht mehr junger Mensch von ihrer Begeisterung und Entdeckerfreude, ihrem Talend und ihrer Arbeit mitgerissen zu werden!