Jahre-, wenn nicht jahrzehntelang habe ich darauf beharrt, ich würde alles schreiben außer Lyrik, die würde ich kotzen, wenn ich jenseits von Worten bin. Nun ist Dichtung, verdichtete Sprache (spoken or otherwise) meine neue Passion oder auch mein neues Abenteuerland.
So klein und kurz Gedichte sein können (außer man wirft sich in die epische Form, und scheitert, anders als ich, dabei nicht an Werken wie Byrons Childe Harold, nachdem man Homers Ilias wie Odyssee als Kind schlicht als lange Geschichten, seltsam gesetzt, locker weglas, weil Kinder sich für gewöhnlich eh nicht um Gattungsunterschiede scheren) – so schwer können sie im Meer der Literatur zu finden sein.
Also machte ich mich auf die Suche nach Lotsen und Anlaufstellen, nach Scouts und Lyrikquellen, und war erstaunt, wie wenig ich dazu auf deutschsprachigen Seiten im Internet fand. Von wegen Land der Dichter und Denker, jenseits von Twitter und Insta, wo neue Lyrikformen blühen sollen, ich aber nun mal nicht bin (sogenannte soziale Medien selbst ohne Datenschutzfragen und radikalisierende Algorythmen haben nun mal den schreibhemmenden Nachteil, wahnsinnige Zeitfresser zu sein und von der Sorte brauche ich ganz sicher nicht noch mehr) …!
Okay, dachte ich, PoetrySlam, Spoken Word, müsste das nicht etwas sein, das sich in Podcasts wiederfindet? Theoretisch vielleicht. Praktisch waren die wenigen deutschsprachigen Lyrikpodcasts, die ich entdecken konnte, entweder sporadisches, penetrantes intellektuelles Geschwurbel oder jemand, der nicht vorlesen konnte, las Gedichte von Menschen vor, die im Zweifelsfall entweder lange genug tot waren, sodass sie sich nicht mehr wehren können oder, schlimmer noch, von Menschen, die lieber nichts schreiben sollten.
Verrückterweise – zumindest erschien mir das verrückt, denn die Suche, die ich hier nachzeichne, fand eine ganze Weile vor Amanda Gormans Auftritt bei Joe Bidens Inauguration statt – oder zumindest für mich so überraschend wie wunderbar, ist das in den USA anders. Dort schätzt man Lyrik offenbar anders, mehr als hier und tauscht sich darüber dann auch noch öffentlich und sehr anregend aus.
Langer Rede, kurzer Sinn – ich wurde endlich fündig. Das hier sind meine beiden Lieblingspodcasts in Sachen Lyrik:
Der erste, den ich fand und prompt abonnierte, ist Poetry Unbound. In ihm stellt der irische Dichter Pádraig Ó Tuama jedes Mal ein anderes Gedicht vor und spricht so klug wie persönlich darüber, was immer ihn an diesem Werk berührt und bewegt. Und das so, dass es selbst Menschen mit extremen Gedichtsinterpretationstrauma aus dem Deutschunterricht einen Weg wenn nicht zur Gattung Lyrik, so doch wenigstens zu den jeweiligen Gedichten ebnen sollte.
Der zweite Lyrikpodcast, den ich mehr oder weniger regelmäßig höre – und der Vorteil an Podcasts ist ja, es macht nichts, wenn man ein paar Jahre nach der Aufnahme erst auf sie stößt – ist der der Poetry Foundation. Er heißt Poetry off the Shelf und weil ich dem 14tägigen Sendeschema chronologisch hinterherhöre, bin ich erst 2018 angekommen, sodass in ‚meinen‘ Folgen immer noch Curtis Fox der Produzent und Host ist. Er spricht in jeder Folge mit ganz verschiedenen Menschen über die unterschiedlichsten Themen rund um die Lyrik.
Und wer jetzt denkt, hey, genau solche coolen Podcasts in deutscher Sprache, die gibt’s doch auch, nämlich diesen und jenen und den da auch noch – den bitt‘ ich sehr, nicht zu zögern sondern mir die Links zur Lyrik zuzuschicken 🙂