Wunderbar, kein Kritiker zu sein. So kann ich Bücher dann lesen, wann ich möchte, und bin nicht drauf angewiesen, ständig den neuesten Neuerscheinungen hinterherzuchecheln. Ruth Rendells "The Keys to the Street" erschien bereits 1996.
Puristen unter den Krimifans werden womöglich die Nase rümpfen, denn obwohl neben mehreren Morden auch noch ein paar andere Verbrechen geschehen, die Polizei ermittelt und sich manch einer bedroht fühlt, geht es in dem Roman um ganz andere Dinge. Selbst das Thriller-Etikett passt nur, wenn man es lose anwendet.
Verrat und Liebe, Einsamkeit und Tod, und vor allem der Londoner Regents Park – darum geht es. Die Beschreibungen sind ungemein plastisch, die Figuren, obschon an manchen Stellen leicht klischeebeladen (Alistair, der stalkerhafte Ex-Verlobte der weiblichen Hauptfigur beispielsweise) höchst interessant und spannend und der Plot, der hat es in sich. Manchmal vielleicht ein klein bisschen zu viel (ich finde ja, man muss nicht jedes Geheimnis aufklären, nicht mal nonchalant & nebenbei), manchmal vielleicht auch zu kunstvoll, aber – Hut ab. Das muss man erstmal draufhaben – all diese Fäden zu spinnen, zu verweben und keinen fallen zu lassen …
Eine lohnenswerte Lektüre, vor allem für Krimi- und Thrillerautoren. Und für alle anderen, die mal einen heißen britischen Sommer zwischen den stiff upper lips der oberen Mittelklasse bzw. dem unteren Adel und den Pennern, Junkies und Hundeausführern im Grün des Londoner Regent Parks wenigstens zwischen zwei Buchdeckeln erleben wollen.
Spätlese
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