Sommerbuch

Ewald Arenz‚ Roman „Alte Sorten“ spielt zwar dezidiert im September und teils sogar im Oktober, für mich ist es jedoch eindeutig ein Sommerbuch und das nicht nur, weil ich es in eben dieser Jahreszeit las.

Das Cover des Romans "Alte Sorten" von Ewald Arenz vor rotem Hintergrund
Ein Buch wie der Duft von Heu und Obst im Sommer

Ein Dorf ohne Namen irgendwo in Deutschland, vermutlich im Süden, denn die Sommerferien enden hier spät. Mitten im Weinberg begegnen sich Liss, die ganz allein den Hof bewirtschaftet, und die 17jährige Sally, die aus irgendeiner psychologischen Reha abgehauen ist. Jugendliche Wut trifft auf mittelalte, zumindest oberflächlich gesetzte Lebensweisheit und eine sehr eigene Beziehung zwischen zwei Eigenbrödlerinnen entspinnt sich.

Das ist das Setting von Ewald Arenz‘ Roman, der im Wechsel angelehnt an die personale Perspektiven seiner beiden Protagonistinnen erzählt und dabei einen stillen, aber unwiderstehlichen Sog entwickelt. Zwei Lebensstränge werden zu einer Geschichte gegenseitiger Rettung, vielleicht auch Zähmung (jedenfalls, wenn man Saint-Exupérys kleinen Prinzen und den Fuchs im Sinn hat) und zwischendrin dachte ich, dass das Ganze auch etwas von „Thelma und Louise“ in Deutschland, allerdings mit Traktor und Fahrrad entschleunigt und obendrein trotz aller Tiefen und Traumata zu einer Art realistischem Happy End findet.

Ein Sommerbuch ist es für mich nicht so sehr, weil es so leicht daherkommt, sondern weil es voller Sommersinneseindrücken ist: Hier wird nicht nur Landschaft im Licht geschildert, Mensch und Vieh scharf beobachtet und knapp beschrieben, es wird gerochen, geschmeckt, mit Händen gegriffen und dem ganzen Körper gefühlt.

Okay – fast dem ganzen Körper. Denn eine kleine Kritik kann ich mir doch nicht verkneifen: zwei Frauen, deren tägliche Interaktionen über gut einen Monat hinweg mit allen noch so eigenen wie alltäglichen Erfahrungen beschrieben werden, die müssten auch menstruieren bzw. ihren Zyklus auf die eine oder andere Art durchleben. Wobei das zu bemerken, auch eine Art Qualitätsmerkmal ist und zeigt, das mit der Nähe und der Entschleunigung, das funktioniert nicht nur für die Protagonistinnen, sondern auch auf Seiten der Leserin. 😉

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