Ein Buch wie eine Ausstellung französischer Impressionisten, so liest sich Mariam Kühsel-Hussainis „Tschudi“ – die Sprache fein, eigen, musikalisch wie der Rhythmus sichtbarer Pinselstriche und die Erzählung selbst wie ein Reigen beinahe zufälliger Szenen, die lose aufeinander zu folgen scheinen, um am Ende doch ein Ganzes zu ergeben.
Ein Buch, nach dessen Lektüre man sofort in die nächste Ausstellung mit Impressionisten eilen möchte und es einen zugleich nach einem Who is Who der Kaiserzeit, der vorletzten Jahrhundertwende verlangt, um all die Personen nachzuschlagen, die Kühsel-Hussaini darin neben ihrer Hauptfigur Hugo von Tschudi, dem Direktor der Berliner Nationalgalerie, auftreten lässt.
Gewiss, man muss sich auf die besondere Erzählweise einlassen – hier wird man nicht bei der Hand genommen, durch eine Handlung geführt, hier wird man in den Strom der Geschichte/n geworfen und ist selbst aufgerufen, sich ein Bild zu machen. Ganz so, wie bei einem Gemälde, zumal einem impressionistischen, erst im Auge des Betrachters aus all den Farbtupfern und Pinselstrichen das eigentliche Bild entsteht.
Nicht alles gelingt immer. Manche Passagen lasen sich für mich manieriert. Manche Figuren, vor allem Kaiser Wilhelm II und andere Gegenspieler und Neider des so modernen wie leidenschaftlichen Kunstkenners und -liebhabers Tschudi, scheinen nicht in jedem Augenblick völlig überzeugend. Und über die literarische Darstellung erotischer Momente lässt sich ungefähr so gut streiten wie über Geschmacksfragen. Aber alles in allem ist es doch ein berührendes Buch (ich rang am Schluss mit aufsteigenden Tränen, das passiert mir höchst selten) für alle, die sich für Geschichte, Kunst und Literatur begeistern.