Randnotiz aus der Lichtburg

Gestern in der Lichtburg bei Kris Kirstofferson: das Publikum ist überwiegend ähnlich weißhaarig wie der Mann mit der Gitarre und der charakteristisch tiefen Stimme auf der Bühne. Man versinkt tief in roten Plüschsesseln und teils jahrzehntealten Erinnerungen (der Mann auf der Bühne ist immerhin bald 82!) und ist doch ganz im Augenblick. 

Sollte man meinen, denn Musik ist eine flüchtige Kunst und wenn man sie live genießt, was sollte da anderes zählen als der Moment?

Dachte ich, aber offenkundig ist die eigenartige Neigung, besondere solche mit Handyfilmchen bannen zu wollen, altersunabhängig. Bloß die Fähigkeiten im Umgang mit dem Smartphone dürften unterschiedlich sein. Aber egal, mit wie viel technischer Raffinesse oder eben nicht beim Filmen im dunklen Konzertsaal vorgegangen wird: wozu das Ganze? Wer soll sich all die mehr schlecht als recht verewigten Momenten anschauen – also Zeit seines gegenwärtigen Lebens auf solche Vergangenheitskonserven verschwenden? Und warum wollte man überhaupt lieber mit dem blöden Smartphone herummachen, statt das Konzert selbst unmittelbar zu genießen?

Fragen über Fragen. Und dann wurde mir schlagartig klar: heute müsste Goethe seinen Faust gar nicht mehr schreiben, denn sein Mephisto müsste niemand mehr mühevoll verführen auszurufen „Augenblick, verweile!“ Nein, er wäre arbeitslos … oder, wenn ich’s recht bedenke, vielleicht Smartphoneverkäufer. Oder Social Media Betreiber 😉

P.S.: Das Konzert haben wir trotzdem sehr genossen und den Ausklang des Abends dank zufälliger Begegnung danach erst recht! 🙂

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