Normalerweise sind Weihnachtsmärchen Stücke, die alle vorher schon kennen. So wie der „Froschkönig“, um den es im aktuellen Essener Märchen auch geht. Aber eben nur ‚auch‘, denn was Christian Tombeil für Kinder ab 6 Jahren angerichtet hat, ist eine Uraufführung: Jupp – Ein Maulwurf auf dem Weg nach oben heißt das Auftragswerk von Gertrud Pigor, und herausgekommen ist tierisches Theatervergnügen mit viel schräger Musik von Jan-Willem Fritsch.
Die Handlung ist, wie bei so vielen Märchenstücken, rasch erzählt: Jupp (Mateusz Dopieralski), ein Maulwurf aus Bottrop, will nach oben, nämlich auf die Theaterbühne. Dazu hat er sich bis ins Grillo gewühlt und trifft auf der Unterbühne auf die beiden alten Theaterhasen (Ingrid Domann und Jens Winterstein), die Katze (Floriane Kleinpaß), ihres Zeichens Theaterchefin, und den Marder (Gregor Henze), den leidenschaftlichen und findigen Techniker hier im Reich der Unterbühne. Von dort aus sorgen die Tiere seit 125 Jahren dafür, dass oben auf der Bühne alles glatt läuft, und für den ganz großen Notfall hat ihnen Grillo höchstpersönlich einen Schatz hinterlassen.
Erst wirbelt Jupp als der Neue hier unten die eingespielten Theaterrituale durcheinander, dann geht’s oben ans Eingemachte: der „Froschkönig“ soll auf die Bühne gebracht werden, aber doch nicht mit diesen Fehlbesetzungen …! Chaos entsteht, erst gerät das Theater und dann der Schatz in Gefahr, und am Ende – am Ende ist dann alles wieder gut. Ist ja schließlich ein Märchen.
Aber die Story oder gar deren Dramaturgie ist ja auch nicht das, warum man ins Weihnachtsmärchen geht. In dieses gehört jeder, der Theater liebt und/oder diese Liebe an seine Kinder weitergeben möchte. In all dem vergnügten Durcheinander lernt man eine Menge über diese ganz eigene Welt und ihre manchmal seltsamen Regeln und Rituale. Und über Freundschaft und Zusammenhalt. Allerdings sollte man sich des Marders Umgang mit Kabelsalat und elektrischem Strom nicht unbedingt abgucken. Gregor Henzes Begabung fürs Komische, Mateusz Dopieralskis Slapsticktalent, Floriane Kleinpaß‘ Katzeneleganz und den Mut, den die beiden alten Theaterhasen Ingrid Domann und Jens Winterstein am Ende beweisen, wenn sie voller Lampenfieber doch noch hinauf ins Bühnenlicht müssen, dafür schon.
Was bleibt, ist ein beschwingtes Gefühl ganz ohne Kitsch, denn die Musik der drei Racoons – Hajo Wiesemann (musikalische Leitung, Klavier, Bass), Bastian Ruppert (Gitarre, Bass, Posaune) und Philipp Zdebel (Schlagzeug, Percussion) – ist ganz schön schräg, das groovt und swingt und klingt zwischendrin sogar nach Jazz. Das macht Lust auf mehr.
Muss ich wohl doch zusehen, dass ich noch ein weiteres Mal in eine Vorstellung gehe – hoffentlich mit Karte, denn ich bin ja kein Maulwurf, der sich mal eben durch den Untergrund in die Unterbühne gräbt. 😉