„A spellbinding literary thriller about terror, war, greed, and the darkest secrets of the human soul“, so steht es im Klappentext von Jed Rubenfelds The Death Instinct, in dem der Bombenanschlag vom 16. September 1920 die Basis des Plots liefert. Ob das allerdings am Ende für mich als Leserin so wirkt, wie der Klappentext es für die beiden Hauptfiguren postuliert – „the two uncover the shocking truth about the bombing – a thruth that threatens to shake their world to its foundations“ – ist fraglich.
Ein Bombenanschlag im finanziellen Herzen New Yorks, wer würde da nicht an die Anschläge des 11. Septembers 2001 denken? Zumal in beiden Fällen die Ermittlungen genügend Fragen offen ließen und ganze Einfallstore für Verschwörungstheorien aller Art boten bzw. bieten. 1920 vermutete man antikapitalistische Terroristen (Sozialisten, Marxisten, Kommunisten, Anarchisten, etc.) ausländischer oder zur Not auch inländischer Art als Drahtzieher des Anschlags. Gelegentlich gab es im Verlauf der dreijährigen Ermittlungen wohl auch konkrete Verdächtigungen, aber keine Verhaftungen und schon gar keinen Prozess.
Jed Rubenfeld spinnt einen Plot aus, wobei es einerseits um Geld und Macht (ausgerechnet die JP Morgan Bank war der Ort des Anschlags) und andererseits um Gier geht. Angeblich soll Mexico hinter dem Anschlag stecken – was gewissen Bankern und Wirtschaftsbossen ebenso zupass wäre wie so manchem Politker: das revolutionäre Mexico weigert sich nämlich nicht nur, die Bankschulden der Vorgängerregierung zu begleichen, es will auch noch die Amerikaner rauswerfen, die sich hier im Süden die Ölquellen unter die Nägel rissen. Und wo gerade Wahlkampf ist und der Weltkrieg vorbei, scheint so manchem Politiker ein neuerlicher Krieg gerade gegen ein so schwaches Land wie den südlichen Nachbarn, höchst verlockend. Deshalb ist das Ganze nichts als eine Intrige – und der integere New Yorker Cop James Littlemore dient erstmal nur als Mittel zum Zweck. Doch natürlich begreift er die Gefahr (dass eben mit seiner Ermittlung ein Krieg angezettelt werden soll) und rettet mit seinem Freund, dem Kriegsveteranen Stratham Younger, die Welt. Allerdings heimlich, denn wegen der Verstrickung von hochrangigen Politikern und Amtsträgern , denen man natürlich auch nichts nachweisen kann, bleibt die Wahrheit der Menschheit verborgen.
Als wäre das nicht krude – und als Schluss eines Thrillerplots überdies unbefriedigend genug – gibt es noch einen ausufernden Nebenplot mit einer schönen Französin Colette Rousseau, einer Schülerin von Madame Curie, in dem es um Liebe, Rache, Kriegstraumata, Freud und Psychoanalyse (und eben den titelgebenden Todestrieb) und die Gefahren des Radiums erst recht in den Händen gieriger Wirtschaftsbosse geht … und bei so mancher Wendung, etwa, wenn Colette, die doch Stratham liebt, Madame Curie & der Medizin zuliebe in Erwägung zieht, ausgerechnet den karrikaturhaft überzeichneten Fiesling zu heiraten, von dem man als Leser schon längst ahnt, dass er nicht nur Mitnutznießer des Bombenanschlags ist, sondern überdies hinter den Anschlägen auf Colette steckt – ähm, also dann weiß ich wirklich nicht mehr, was das soll. Oder für wen das gedacht ist.
Tja. Einerseits gestehe ich Jed Rubenfeld durchaus erzählerische Qualitäten zu. Er recherchiert gut, schafft es mit atmosphärisch dichten Passagen, eine vergangene Zeit auferstehen zu lassen etc. Andererseits ist das Ganze am Ende jedoch leider hauptsächlich eines: eine Ansammlung loser Enden, die wild zu einem grotesken Knoten verknüpft werden, ohne ein glaubwürdiges oder gar literarisch in sich geschlossenes Ganzes zu ergeben.
Fazit: Man kann’s lesen (isb. als Urlaubslektüre), aber das Buch ist sicher keines, das man gelesen haben muss.