Dreierlei

Was haben Philip K. Dicks Do Androids Dream Of Electric Sheep?, Max Frischs Mein Name sei Gantenbein und Peter JamesDead Man’s Grip gemeinsam? Dass ich sie in den letzten Wochen gelesen habe. Zumindest zum Teil, bei einem der drei Bücher bin ich nicht über Seite 120 hinausgekommen …

Keine Ahnung, was Peter James mit seinem Kriminalroman/Thriller mir erzählen möchte. Ein Unfall führt eine alleinerziehende Mutter mit Restalkohol, einen übermüdeten Fernfahrer und den Sohn einer amerikanischen Mafiafamilie auf einer Kreuzung in Brighton zusammen. Bedrängt von einem ominösen, weißen Transporter endet der junge Mann unter dem Laster und stirbt. Seine Mutter, ihrerseits Mafiosibosstochter, hält das für einen Mordanschlag und hetzt den anderen Unfallbeteiligten einen psychopathischen Profikiller auf den Hals. Der ermittelnden Kripomensch hat, natürlich, eigene Sorgen – seine langjährige Freundin durchlebt eine schwierige bis bedrohliche Phase in der Schwangerschaft, während der Prozess des Fürtoterklärens seiner vor Jahren verschwundenen Frau sich hinzieht.

Tja. Womöglich könnte man aus diesen Zutaten etwas machen, wenn man die Figuren denn für mehr hielte als für reine Funktionen des Plots. Dass dies bei Peter James und Dead Man’s Grip der Fall gewesen sein soll, bezweifle ich jedoch zutiefst …

Was genau die Androiden für Philip K. Dick bedeutet haben mögen, ist eine spannende Frage. Hat man den Film Blade Runner, der auf diesem Roman basiert, im Hinterkopf, sind sie potenziell die tragischen Helden, die von den Menschen unterdrückt werden. Im Roman dagegen haben sie etwas von prototypischen Psycho- oder, wie man es heute nennen würde, Soziopathen: Hochintelligente, autonome Maschinenintelligenzen, denen jedoch jegliche Empathie abgeht und denen der Autor als quasi-logische Folge dessen so etwas wie inhärente, zwangsläufige Grausamkeit unterstellt. Während die Verfilmung aus den Achtzigern im Stil eines Serie Noire Thrillers die Frage stellt, was einen Menschen ausmacht und den Androiden durchaus ähnliche Fähigkeiten zuspricht, beschreibt der Roman aus den 1960ern eine doppelte Dystopie, in der weder die selbstzerstörerische Menschheit noch die unempathischen Androiden wirklich gut wegkommen.

Auch, wenn sich dieser SF-Roman, den sein Autor 1992 spielen lässt, aus heutiger Sicht an vielen Stellen ein bisschen holprig bis scherenschnittartig liest, das Buch ist nicht nur aber auch als Zeitdokument wie als einflussreicher Science Fiction durchaus lesenswert.

Max Frisch‘ Mein Name sei Gantenbein ist dagegen in jeder Hinsicht ein ganz anderes Kaliber. Sprachlich so brillant wie betörend, erzählerisch raffiniert und gekonnt gemacht, folgt man dieser Erzählung über die Fragen von Identität und Wirklichkeit bis in die hinterestens, gewagtesten Verästelungen des Möglichen, Erfunden, Denkbaren. Kein nacherzählbarer Plot, nicht mal halbwegs gesicherte Figuren, vom sich immer wieder neu erfindenden, anders definierenden Ich-Erzähler Enderlin/Gantenbein ganz zu schweigen, aber so viele Möglichkeiten, so viele Saiten, die zu schwingen beginnen, so viele Schwingen für so viele Gedanken. Was für ein wunderbares Buch – ein Klassiker im besten Sinne.

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