Verschwörungstheorien

Ein klein bisschen Alltag ist zwischen Umzugskartons und Farbeimern bereits wieder eingekehrt: Mein DSL funktioniert nach zig Anrufen bei der Störungsstelle dank eines Außendiensttechnikers einwandfrei und ich habe ein Buch zuende gelesen- nämlich Sam Bournes Die Gerechten.

Dan-Brown-Vergleiche im positiven wie im negativen Sinne hin oder her, mehr als mal nette, mal ärgerliche Unterhaltung mit Informationsmehrwert zu jüdischem respektive chassidischem Leben war’s nicht.
Ich steh nun mal nicht auf Verschwörungstheorien – sie sind meist blödsinnig komplizierte Erklärung maximal halb verstandener Vorgänge, die auf einer Haltung zwischen Minderwertigkeitskomplex  und Größenwahn basieren. Allein der Begriff der Geheimlehre … wie vieles, was laut entsprechenden Theoretikern und/oder ihren Autoren ach-so-geheim ist, lässt sich in Büchern nachlesen, die fast in jeder Kleinstadtbibliothek zu finden sind! Ich hab Dan Brown u.a. deshalb nicht gelesen, weil ich die Geschichte der Katharer als Kind respektive Jugendliche gelesen hatte und die ach-so-grandiosen Da-Vinci-Interpretationen, also, Entschuldigung, dafür muss man sich nur die Bilder ansehen. Mir war nach ein paar Seiten Brownscher Banalprosa (sorry, er mag ein Autor im Sinne eines Erfinders von Plots und in gewissem Rahmen auch in der Bedeutung von ‚Geschichtenerzähler‘ sein, aber ein Schriftsteller, ein Dichter ist er nicht) klar, worum es geht, warum hätte ich meine Zeit darauf verschwenden sollen?
Leider passierte bei Bournes Die Gerechten etwas ähnliches. Mir war nach dem Klappentext klar, das geht um die Idee mit den rund 40 Gerechten, den Zaddik(im), die in jeder Generation unerkannt und auch ihres eigenen Status unbewusst leben. Und um dieser Gerechten willen lässt Gott die Menschheit weiter existieren. Ich weiß nicht mehr genau, wann, wo, wie ich dieser (jüdischen) Geschichte das erste Mal begegnete. Für mein Gefühl war sie schon immer da, immer Teil meines (Mythen)Wissens, also war ich wohl noch ein Kind … Als ich den Klappentext zu Sam Bournes Buch las, dachte ich, wow, schön, dass mal jemand diese Geschichte aufgreift, schaun wir mal, was er daraus macht.
Nichts oder fast nichts, muss ich sagen. Ich war bass erstaunt, als ich ungefähr in der Mitte des Buches begriff, Bourne verwendet die Geschichte selbst als Plot, verakuft sie den Lesern als tolle Erkenntnis. Da passen dann alle negativen Dan-Brown-Vergleiche, denn ich halte es für ziemlich dumm, einen Plot auf frei zugänglichem Allgemeinwissen aufzubauen. Maria Magdalena als Heiliger Gral (respektive als Mutter von Jesu‘ Kindern) oder auch die 40 Gerechten – nee, also, die Entdeckung dieser schönen, tiefsinnigen Geschichten als Plot, das ist schwach. In Bournes Fall dann noch eine christliche Gegenverschwörung, an deren Ende der Sohn gegen den Vater um das Leben seines Sohnes kämpft, draufzupacken … nein danke. Danke für die Einblicke in den Alltag von Crown Heights, den Rest hätte ich nicht gebraucht.
Immerhin hat mich das Buch dazu gebracht, beim Kistenauspacken den Sohar beiseite zu legen, um nun einen neuen Anlauf zu nehmen, sich mal wieder mit einem Original zu befassen. Zumal – wenn es Wiedergeburt geben sollte und ich wählen dürfte, was es beim nächsten Mal sein sollte, stünde Rabbiner weit oben auf meiner Liste. Sich um Bedeutungen und Interpretationen diskutierend, dabei Lauten und Zahlen Sinn zuzuweisen (lässt da Synästhesie grüßen oder geht es um etwas ganz anderes?) dem Dasein und seinen Gründen zu nähern, das wär doch mal was. Nämlich eine wunderbare Aussicht.
Jetzt geht’s erstmal weiter mit der "weißen Scheiße", wie das bei Reza hieß. Entschuldigen Sie mich, ich muss den Pinsel schwingen, bloß leider ohne Leinwand …

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