Melancholie im Labyrinth

Schmal ist der Band, und wunderschön illustriert von Kat Menschik: Die unheimliche Bibliothek von Haruki Murakami erschienen 2014 bei Dumont. 60 Seiten, eine Novelle also – die Erzählung einer unerhörten Begebenheit. Oder ein Märchen aus der Feder eines japanischen Kafka-Nachfolgers.

Der Ich-Erzähler, ein Junge unbestimmten Alters, bringt Bücher in die Bibliothek zurück und landet unversehens beim Stöbern in einem Labyrinth, einer unheimlichen Bibliothek unter der normalen, bekannten, alltäglichen. Hier herrscht ein böser Bibliothekar über den traurigen Schafmann und das stumme Mädchen, und nun auch den Jungen, der sein Gehirn mit Büchern mästen soll. Auf dass es anschließend Nahrung für den Bibliothekar werde – während sich draußen in der Welt die Mutter des Jungen sorgt und sein zahmer Star verhungert.

Fügsamkeit, Hilflosigkeit, Kindheitsängste, dazu Melancholie mit kafkaesken Zügen und einem für mich zutiefst japanischen Ende, denn es löst nicht auf, was real war und was Traum oder was wirklich geschah – das ist die Kurzformel für dieses kurze Buch.

Lektüre für einen halben Nachmittag, die nachklingt. Wenn man sich nicht an den fremden Erzählkonventionen stört und das Unerklärliche gut als solches stehen lassen kann.

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