– ist, zumindest in meinen Augen, eines der Themen, um die es in Joe R. Lansdales Edge of Dark Water geht. Angesiedelt in der Ära der Depression begleitet der Leser jugendliche Ich-Erzählerin Sue Ellen auf einer Flussreise der etwas anderen Art und lernt eine Menge über Freundschaft und Habgier, Unmenschlichkeit und Wandlungsfähigkeit des Homo Sapiens.
Alles beginnt mit einem absurden Leichenfund: Beim Fischen mit Gift taucht neben schuppigen Kiemenatmern die tote May Linn wieder auf. Während die anwesenden Erwachsenen die Leiche, an deren Füßen eine schwere Nähmaschine befestigt ist, am liebsten gleich wieder ins Wasser werfen würden, bestehen May Linns Freunde Sue, Terry und Jinx darauf, dass der Sheriff geholt und sie beerdigt werden muss. Doch damit nicht genug: Gemeinsam beschließen sie, May Linns Traum, einem Leben in Armut nach Hollywood zu entkommen, in die Tat umzusetzen. Ausgestattet mit der Beute eines toten Bankräubers und der Asche ihrer toten Freundin, brechen die Erzählerin, ihr schwuler bester Freund Terry und ihre schwarze beste Freundin Jinx also auf Richtung Westen – wobei sie erst einmal den titelgebenden Fluss als Reiseweg nutzen.
Flüsse als Lebensadern kennt man, auch Flüsse als Fluchtwege sind an sich Klassiker in allen möglichen Erzählungen. Aber eine solche Nähe zwischen erdrückendem Realismus – nicht zuletzt, was die fiesen Seiten der menschlichen Natur angeht -, und absurden Aspekten (allein dass improvisierte Urne von außen genau so aussieht wie das Gefäß, in dem die Beute verborgen ist, und die daraus resultierenden Verwicklungen), ist dann doch schon etwas besonderes. Und das Absurde hat tiefe Wurzeln in dieser Geschichte – ob es um den legendären Killer Skunk geht, der sich letztendlich als verdammt real erweist, oder allein der Vorgang, May Linn aus dem Armengrab zu holen und in der Ziegelei von Terrys Stiefvater zu verbrennen -, so dass klar wird, das ist nicht einfach Satire. Absurd ist nicht die Erfindung, der Blick durch die Literatur aufs Leben, nein, absurd ist das Leben an sich. Und das ermöglicht es, selbst düstertesten Szenen einer dunklen Zeit und dem seltsam verwobenen Kampf ums nackte Überleben wie um das Verwirklichen eines Traumes, etwas Komisches und damit letztlich Positives abzugewinnen.
Diese Art Geschichte und diese Form des Erzählens erinnert an Mythen und Legenden und hat damit auch etwas, das über Zeit, Raum und kulturelle Unterschiede hinaus wirksam ist. Allerdings stelle ich es mir ungeheuer schwer vor, dieses Buch angemessen zu übersetzen. Zu genau scheint Lansdale Dialekte wie Soziolekte in die Sprache seiner Figuren und deren Art, die Welt zu begreifen, einzubeziehen – und damit ist dann auf einmal die historische Perspektive inklusive ihrer Version von Fragen von Rasse, Geschlecht/Sexualität und Bildung wieder sehr präsent. Zeitlich wie überzeitlich, eindeutig verortet und doch viel weiter, ich schätze mal, das heißt schlicht, Joe R. Lansdale ist hier ein großartiges Stück Literatur gelungen.