Manchen Geschichten kann man kaum ausweichen – wie Joseph Conrads Heart of Darkness, in der die Reise in die afrikanische Wildnis zum Spiegel des Kolonialismus mit seiner wahnhaften Ideen von ‚weißer Zivilisation‘ und ’schwarzer Barbarei, von Heldentum und Pflichterfüllung wird. Manche Bilder prägen, selbst wenn der dazugehörige Kontext längst verblasst ist – wie etwa der Augenblick in Francis Ford Coppolas Apocalypse Now!, in dem die Hubschrauber zu Wagners Ritt der Walküre aus der Sonne kommend angreifen. Was liegt also näher, als aus diesen Versatzstücken erst einen Remix – wie Wolfram Lotz‘ Hörspiel Die lächerliche Finsternis – und dann daraus ein Stück zu machen? Letzteres erlebte gestern seine sehenswerte Premiere in der Essener Casa. (Heldentum als absurde Pose und Pflichterfüllung, gekonnt verkörpert von Jörg Malchow (links) und Johann David Talinski. Foto: Martin Kaufhold)
Das Bühnenbild (Maximilian Lindner) wuchert mit all seinen Details so wild hinein in den Bühnenraum, dass man es nur mit einem Wimmelbild vergleichen kann. Darin spielen Axel Holst, Jörg Malchow, Johann David Talinski und Stephanie Schönfeld Conrad gemixt mit Coppola ergänzt durch eine fiktionale Annäherung an den realen Prozess gegen somalische Piraten in Hamburg und getarnt als deutsche Militärmission am Hindukusch — eine atemlose Abfolge, mit der Regisseur Robert Gerloff ebenso starke Szenen wie absurde Momente hervorbringt, manchmal jedoch am Versuch scheitert, ein dauerndes Gag-Feuerwerk der bösen Art zu bieten. Zwischendrin gibt’s eine Videoeinspielung mit dem Autor, die allerdings zu den Längen des Stücks zählt und mir überflüssig schien.
Aber da das Stück mit Logik nicht allzu viel im Sinn hat, ist das womöglich Geschmackssache. Nacherzählbar ist das absurde Geschehen an sich nur bedingt, weshalb ich mir den Versuch spare. Zwei Menschen langweilten sich und gingen – zwei junge Menschen, zu jung vielleicht, komische Zitatmomente wie etwa diese Bild zu goutieren: (Besser als das Original: Axel Holst als Marlon Brando, sozusagen. Foto: Martin Kaufhold).
Die meisten anderen klatschten am Ende der 90 Minuten langanhaltend und diskutierten später angeregt. Ich finde, besser, verträglicher als Conrads wie Coppolas Version ist das, was in der Casa zu sehen ist, allemal. 🙂