Eine schottische Romanze

Es kühlt zwar nicht unbedingt ab, während der ersten Hitzewelle des Jahres 2013 ein Buch zu lesen, das mit Fußspuren des Teufels im Schnee beginnt und im Tiefschnee endet. Doch für mich, die ich bislang noch kein Wort des schottischen Autors John Burnside gelesen habe, ist The Devil’s Footprints eine heißkalte Entdeckung der besonderen Art.

Coldhaven, eine kleine Stadt an der schottischen Ostküste. Hier erzählt man sich die Legende von den Fußspuren des Teufels, die man am Morgen im frischen Schnee fand – Hufspuren eines Zweibeiners, die vom Meer kamen, quer durch die Stadt (und dabei über Dächer wie über Straßen verliefen) führen, um irgendwo mitten im Nichts des Hinterlands zu enden. Vor diesem Hintergrund entfaltet Ich-Erzähler Michael Gardimer, Außenseitersohn längst verstorbener, wohlhabender Außenseitereltern, seine Geschichte, die zugleich verwoben ist mit der der Stadt (die natürlich alles andere als eine nette Idylle ist), ihrer Bewohner und der Landschaft.

A Romance steht im Original unterm Titel. Das passt und passt nicht zu der Geschichte voller mysteriöser Toter, nichtliebender Paare und älterer wie alter Frauen, die den Tratsch weitertragen oder sich davor verstecken – während der Ich-Erzähler, „a man of independent means“ es vorzieht, nichts zu tun, nichts zu entscheiden, am liebsten nicht zu denken. Was ihm mit zwei Ausnahmen – einem ‚Ausbruch‘ als Schuljunge und einer ‚kriminellen Verrücktheit‘ als Erwachsener – in erstaunlich hohem Maß gelingt, ohne dass man als Leser auch nur einen Halbsatz lang gelangweilt wäre.

Es macht wenig Sinn, den Plot nachzeichnen zu wollen (obwohl alleine die enthaltene Lolita-Variation an und für sich genommen reizvoll ist). Burnside erzählt gekonnt, und es gelingt ihm, verschiedene Zeitebenen und Erzählstränge zu einem Ganzen zu verknüpfen, ohne den Text seiner Geheimnisse und seiner Vieldeutigkeit zu berauben. Das ist an sich schon ein großes Kunststück, doch noch bewundernswerter, noch faszinierender, ja geradezu hypnotisch bis berauschend ist seine Sprache:

Long ago, in Coldhaven, a small fishing town on the east coast of Scotland, the people woke in the darkness of a mid-December morning to find, not only their homes were buried in one of those deep, dreamlike snowfalls that only happen once or twice in a generation, but also that something strange had happened while they sleüt, something they could only account for in rumours and stories that, being good, church-going folk, they were ashamed to repeat, stories that mentioned the devil, or spirits, stories that grudgingly allowed for some unseen force in the world that, most of the time, they preferred to ignore.

Ein Buch, das so anfängt, kann nur entweder grandios scheitern oder eine ganz besondere Leseerfahrung werden. Ich bin jetzt jedenfalls schon ganz heiß auf meine nächste literarische Begegnung mit John Burnside …

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