Prinzessinnen

Wie’s wohl wäre, wenn "Die zweite Prinzessin" in der Inszenierung von Katja Lillih Leinenweber die erste Theatererfahrung eines (Kinder)Lebens ist? Bestimmt schön. Und ein bisschen gefährlich auch: denn davon wollen bestimmt nicht nur Erwachsene, sondern erst recht Kinder MEHR!

Mit manchen Stücken ist es wie mit der Torte – vom Blatt weg liest es sich fad, eben wie Kuchen aus der Zuckerfabrik. Aber live und in farbe, so ganz echt fast zum Greifen nah umgesetzt wie auf der Bühne der Box im Essener Schauspielhaus, das ist eine ganz andere Nummer. Wo sich Gertrud Pigors Stück statisch bis langweilig liest, tobt in Lillih Leinenwebers Inszenierung das pralle (Kinder)Leben. Ihre zweite Prinzessin (Lisa Jopt) zieht alle Register, sie spielt mit vollem Körpereinsatz nicht nur sich selbst, sondern gleich noch die königliche Familie nebst Märchenwölfen, -bärinnen und -hexen mit. Und sie ist damit nicht allein auf weiter Bühnenflur , denn in Essen wird aus Pigors blödem Plapperkasten äh Märchenradio ein rastalockiger Erzähler mit Blinkhut, aber vor allem ein ganz und gar lebendiger Spielpartner. Kaum zu glauben, dass das Andreas Schneiders erste Schauspielrolle sein soll …
Für die Kinder ab 4, für die das Stück gedacht ist, spielen solche Überlegungen vermutlich keine Rolle. In der Premiere war die "Zielgruppe" ja erwartungsgemäß in der Unterzahl … dennoch, da die Kinder in mir von der wilden Geschichte und dem ebensolchen Umdichten bekannter Märchen ebenso begeistert waren wie von der Kinderzimmerburghöhlenspiellandschaft auf der Bühne (Bühne + Kostüme: Franziska Gebhardt), vermute ich stark, auch die wirklich kleinen Menschen, die hoffentlich in großen Scharen ins Theater finden, werden die zugleich fantastische wie lebensnahe Geschichte lieben.
Wahrscheinlich ist es dann auch egal, ob sie als "erste Prinzessinnen" und "große Brüder" mehr dürfen als die Kleinen oder ob sie als Große auch mehr müssen. Denn ob man sich drüber ärgert, dass man selbst immer hintenansteht oder aber sauer ist, weil die Kleinen ja noch gar nix können und man dann auch noch auf sie aufpassen muss, ungerecht ist das alles. Und unvermeidlich. Also braucht’s Witz und kreative Ideen, um besser damit umzugehen.
Auf der Bühne kann man sich all das ab jetzt in Essen immer wieder anschauen. Also, worauf warten Sie noch?

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