Dies und das und jenes auch

Bevor dieser bloggschreibschwache März sich ganz im April verliert, wenigstens noch eine Nachricht aus – tja, woraus eigentlich? War anderweitig beschäftigt und bin es noch, dazu schmerzgehandicapt (in meinem Fall macht es leider jede Menge Sinn, dass das Wort "Handicap" die Hand in sich trägt, denn meine Hände können’s heftig in sich haben), das heißt dann leider, alle "Schreibkraft" geht bei mir fürs Professionelle bis Poetische, fürs unmittelbar Notwendige drauf. Deshalb jetzt eben noch ein bisschen Kürgegenprogramm mit 4 B: 2 Bücher, 1 Ballett, 1 Bühnenstück:

"Lichtblicke" nennt sich der Doppelballettabend im Aalto mit den Stücken "Cherché, trouvé, perdu" von Patrick Delcroix und "Architecture of Silence" von Edward Clug. Leider steht der Abend selten auf dem Spielplan, und wenn, ist er meist in kürzester Zeit ausverkauft – das sollte aber niemand, der sich für Tanzkunst interessiert, davon abhalten, nach Karten zu fragen. Es lohnt sich unbedingt.
Gut, der erste Teil des Abends ist mit knapp 25 Minuten ein wenig kurz, der zweite hat so manche Länge – streng geometrisch, höchst mathematisch ist das Ganze, vielleicht ein bisschen zu streng, doch letztlich nie langweilig. Wo Delcroix verschiedene Formen von Liebespaaren ent- und wieder verwirft, konfrontiert Clug Tradition und Moderne sowohl im Tanz als auch in der Musik (zwei Requiems, nämlich Mozarts und Preisners). Er holt den Chor auf die Bühne, lässt ihn wie in einer mittelalterlichen Darstellung gewissermaßen zu Gericht sitzen über die Tanzenden. Über die ließe sich viel, sehr viel schreiben, allein, dann müsste man sich’s ja nicht mehr selbst anschauen. So sei nur eines als Anreiz gesagt: Diese Art sich auszuziehen habe ich noch auf einer Bühne gesehen …
In Ganz normal anders hätte man glatt damit rechnen können, dass sich die eine oder andere Darstellerin die Kleider vom Leib reißt, geht es doch um Einblicke in die Psychiatrie. Ausgehend von Dürrenmatts Die Physiker und dem berühmt-berüchtigten Film Einer flog übers Kuckucksnest sowie nach Anregungen durch Besuche in der Psychiatrie in Oberhausen entwickelten Schülerinnen der Essener BMV-Schule ein eigenes Stück. Leicht haben sie es sich nicht gemacht; allein die Einführung der Kommentatorinnen – eine moderne Version des antiken Chores – braucht Mut. Hätten sie etwas mehr Sprechtechnik, Stimmschulung bekommen, dazu einen Profi fürs Chorsprechen (dafür holen sich selbst Stadttheater Spezialisten, die das mit ihren Schauspielern einstudieren) geholt und einen besseren Regisseur gehabt, der ihnen beim Timing mehr Pfiff und Sicherheit zugleich vermittelt hätte, wär’s perfekt gewesen. So war’s beachtliches Schultheater, das mich dazu reizt, irgendwann die BMV-Schule zu kontaktieren und zu schauen, ob ich da nicht helfen kann …
Brock Clarks Protagonisten aus An Arsonist’s Guide to Writers‘ Homes in New England dagegen ist nicht zu helfen. Er nennt sich selbst einen "Bumbler", jemand, der quasi hilflos durchs Leben stolpert, die verletzt, die er liebt und von denen er verletzt wird. Eine schräge Wiederbelebung der Gothic Novel nannte es ein Kritiker, das ist es sicher auch. Ein erfrischendes Buch über Bücher und deren oftmals unschöne Nebenwirkungen ist es erst recht. Manchmal nimmt das Fremdschämen etwas überhand, letztlich ist es jedoch eine anregende und angenehme Lektüre.
Martin Suters Der Teufel von Mailand dagegen, für das es einen Friedrich-Glauser-Preis gab, hat eigentümliche Abgründe. Ist es überhaupt ein Kriminalroman oder doch auch eine Gothic Novel? Geht es um Horror oder Thrill, um Verbrechen und Angst oder vielleicht doch mehr um Sinne und Sein, Wahrnehmung und Wirklichkeit? Mir ist es letztlich wurscht, ich steh ganz sicher nicht auf Genreschubladen, also kümmert’s mich kein Stück, wer was warum wohin einordnen wollte. Es war spannend und gut zu lesen, die SMS-Einsprengsel wahlweise als mediale Alltagslyrik oder Frauenfreundinnenkitt zu verstehen, hatte was. Besonders spannend für mich war sein Umgang mit der (lang verborgenen, halb verdrängten) Synästhesie der Hauptfigur eröffnet interessante Perspektiven. Sollte Suter selbst kein "Synnie" sein, dann möchte ich bei ihm einen Recherchekurs belegen und zwar am besten sofort! 😉

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