Ausgelesen

Fünf höchst unterschiedliche Autoren, fünf komplett verschiedene Bücher, vereint nur durch die Tatsache, dass ich sie kürzlich gelesen habe: Wie schreib ich da am besten drüber? Fangen wir mit meinem größten Irrtum an – monatelang hatte ich mich von Cover und Titel von Gilles Paris‚ Buch Autobiografie einer Pflaume abschrecken lassen. Und dann hat es mich überraschend gut auf der Fahrt nach Flensburg unterhalten.

Ein Buch zum Fremdschämen hatte ich nach dem Titel und angesichts des Covers – orange mit dem Foto eines dümmlich grinsenden Jungen mit fast rechtwinklig vom Kopf abstehenden Ohren – erwartet. So ein Buch hätte ich mir selbst nie gekauft, aber geschenkt bekommt man gelegentlich so manches … das Buch hat mich noch immer nicht zur französischen Literatur bekehren können, aber die handwerkliche Leistung, ein Buch konsequent aus Sicht eines Zehnjährigen, der sich selbst versehentlich zum Waisen gemacht hat, ist schon der Anerkennung wert. Vor allem, weil Paris es versteht, der Kinderlogik, die Erwachsenensprüche, -erklärungen, -ausflüchten, eben den ganzen ach-so-gescheiten Verbalmüll der Nichtmehrkinder mit großer Konsequenz zu folgen.
Konsequent ist Corinna Waffender in ihrem ersten Kriminalroman Tod durch Erinnern auch, nämlich konsequent an ihren Figuren dran. Gut gezeichnet sind sie allesamt, von der Kriminalkommissarin, die sich ermittelnd zum ersten Mal in eine Frau verliebt, über den bandscheibenvorfallgeplagten Kollegen, die Tote (die aus Emails spricht), bis in die Nebenfiguren. Schön, sehr schön sogar der sorgfältige Umgang mit der Sprache. Schließlich ist Sprache das, was Literatur ausmacht – in diesem Fall beachtenswerte, sehr gut lesbare Spannungsliteratur, wie man so schön sagt.
Spannend ist André Kubiczeks Junge Talente, das Aufwachsen und Erwachsenwerden in der DDR der Achtziger Jahre zum Gegenstand hat, vermutlich nicht nur für mich, die ich ja gerade selbst in diesem Jahrzehnt einen Roman ansiedle (allerdings ganz im Nordwesten). So sah es also auf der anderen Seite des deutsch-deutschen-Grenzspiegels aus – wenigstens in litrarischer Hinsicht. Mir hat’s gefallen, denn auch hier wird nicht einfach nur eine Geschichte erzählt, sondern durch Sprach- und andere Bilder erst als solche möglich.
Sprache ist das große Ding in Kathrin Schmitts Königs Kinder, jedenfalls für mich. Erst musste ich mich einlesen in die spröden Sprachformen und abweisenden Erzählweisen, mit denen sie die multiperspektivische Geschichte im Plattenbau verwebt. Dann zog mich hauptsächlich die eigentümliche Sprache weiter rein. Aber warum ich es zuende gelesen hab, weiß ich nicht mehr. Am Ende nervte mich dann das, was mich zwischendrin noch fasziniert hatte, es wurde zum Manierismus, war unnötig für das, was da erzählt werden sollte, wenn denn wirklich etwas erzählt werden sollte … gekünstelt auf Abstand gehalten von den Figuren fühlte ich mich, dabei scheint Frau Schmitt es doch gar nicht nötig zu haben, mit intellektuellen Kunsttstückchen herumzufingern. Bei einem kürzeren Buch, das weniger komplex sein will, wär die Rechnung vielleicht aufgegangen. So weiß ich nicht, ob ich noch einmal zu einem anderen Buch der Buchpreisträgerin greifen werde …

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