Kurz und knapp II

Mit gerade mal 96 Seiten bleibt Carlos Maria Dominguez‘ Das Papierhaus sogar noch unter dem Umfang meiner Kriminalnovelle. Aber ob diese Lektüre kurz beziehungsweise kurzweilig ausfällt, dürfte stark von der Neigung des Lesers abhängen: Knapp auf dem Punkt gebracht – für Gelegenheitsleser leichter Buchkost ist das Werk nichts.

Vielleser, Suchtleser, Dauerleser, Buchfanatiker, Büchersammler, Papierwürmer, Bibliothekenliebhaber, Seitensammler und andere Menschen, die nach gedruckter Sprache verrückt sind, dürften dagegen ihren Spaß an dem Buch haben.
Denn um Bücher und Buchliebhaber geht es. Um Menschen, die von ihrer eigenen Bibliothek aus dem Haus und in den Wahn getrieben werden, um Wesen, deren höchstes Glück es ist, Gedichte lesend überfahren zu werden. Um Suchende, die eigentlich als Akademiker mit der Entstehung, Rezeption und Ausdeutung von Literatur befasst sind, dann aber auf Abwege geraten, weil sie unbedingt ergründen müssen, welchen Weg ein ganz bestimmtes Buch nahm …
Man sollte sich wohl nicht in einer Bibliothek befinden, wenn man Das Papierhaus liest. Dann dürfte die Lektüre unendlich lang werden, denn dann wird man all die im Buch erwähnten Bücher womöglich selbst nachlesen wollen. Solange man dabei jedoch nicht vom Ordnungswahn gleich welcher Ausrichung befallen wird, stehen wenigstens die Überlebenschancen gut.

P.S.: Ich weiß nun, ich bin ein Vielleser, ein starker Leser, gelegentlich auch ein Suchtleser. Aber ich bin kein echter Sammler und garantiert kein Bibliothekenerschaffer – denn Bücher zu ordnen, mit Querverweisen und auch sonst fein säuberlich in fest gefügte Beziehungen zu bringen, das liegt mir nicht. Ich bin Leser und Autor und Bücher sind nun mal meine geistige Nahrung …

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