Jahr und Tag

Gestern vor einem Jahr war es so weit: Die Türen wurden in Reutlingen uraufgeführt. Ich war dabei und kam mir vor wie ein Vater im Kreißsaal, denn abgesehen vom Schlussapplaus, zu dem man mich auf die Bühne holte, saß ich ja nur im Publikum …


Schon merkwürdig: Bis aus dem Stoff ein Stück (und kein Film, wie ursprünglich gedacht) wurde, dauerte Jahre. Die Idee zum Genrewechsel entstand in Reutlingen auf meiner ersten Premierenfeier im März 2004 (nach Das 13. Opfer, zusammen mit Jörg Schade). Noch mal drei Jahre voller Hindernisse und Hoffnungen, Terminverschiebungen und Personalienkarussellumdrehungen vergingen, bis es dann endlich 2007 von Katja Lillih Leinenweber inszeniert werden konnte. Und vor Jahr und Tag war es dann soweit … es war überwältigend und wunderbar, und es hätte ein Auftakt, ein Aufbruch sein sollen. Für Lillih, deren erstes Stück es war, für die Schauspieler, für das Thema Multiple Persönlichkeiten auf der Bühne und für mich als (Solo)Theaterautor.

So gelungen die Inszenierung war, so sehr sich die Schauspieler engagierten, mit dem Publikum diskutierten und sozusagen zu Botschaftern des Stückes wurden, sich sogar selbst Gastspiele bemühten – es währte nur kurz, nur bis in den April. Über Wiederaufnahmen sprach man. Aber nichts dergleichen geschah und wird wohl auch nicht mehr passieren.
Irgendwo typisch deutsches Theater – selbst vom Haus eigens in Auftrag gegebenen Uraufführungen verschwinden nach nur allzuwenigen Vorstellungen in der Versenkung. Und Zweitinszenierungen sind nicht in Sicht.
Was für mich nicht nur vom finanziellen Standpunkt betrachtet schade ist. Ich hätte nicht nur Lillihs Inszenierung gern wiedergesehen, mich würde auch brennend interessieren, wie den Stoff andere Regisseure an anderen Häusern bearbeiten …
Allein: andere Häuser. Kontakte als Autor zu Theatern zu knüpfen, find ich alles andere als leicht. Dabei wäre das wichtig. Ist ja nicht so, dass mir die Ideen für die Bühne ausgehen. Ich würd liebend gerne schauen, was sich z.B. aus dem Stoff der Novelle Der Tod ist ein langer, trüber Fluss auf der Bühne machen lässt. Die Geschichte der doppelten Suche und die Verschränkung der beiden Grundfragen "Wer ist man, wenn man sich nicht an sich selbst erinnert?" und "Wie tot kann man sein, solange sich noch Menschen an einen erinnern?" stell ich mir jedenfalls sehr dramentauglich vor. Und in Bonn und Koblenz gibt es doch Theater … vielleicht ist das banal gedacht, die Geschichte dort auf die Bühne bringen zu wollen, wo sie spielt. Aber nachfragen sollte ich vielleicht doch mal. Was schadet es? Mit gerade mal zwei in der schwäbischen Provinz uraufgeführten Stücken hab ich ja nicht mal’nen Ruf als Dramatiker, den ich verlieren könnte … 😉

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2 Antworten zu Jahr und Tag

  1. Silke sagt:

    Liebe Mischa, EIN Jahr – hm… Ich würde toootal viel dafür geben, „die Türen“ mit all seinen Lieben wieder zu sehen!!! Es ist mehr als „schade“, dass die Türen im Thater nur so kurz geöffnet wurden (seehr unverständlich, grrrr)! Für mich persönlich sind die „Türen“ seit damals jedoch mehr als offen und werden es auch für immer bleiben :-).
    Liebe Grüße *Silke*

  2. mischa sagt:

    Liebe Silke, ganz viel Dank an Dich für Deinen Kommentar. Es ist wirklich schade – traurig – enttäuschend, dass es keine Wiederaufnahme und auch keine Gastspiele geben wird mit „Die Türen“. Aber gut zu wissen, dass die wenigen Aufführungen einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Das ist doch schon eine Menge wert.
    Mischa

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