Sonntags neben der Spur

Ach ja, es ist also schon wieder so weit: Sommerzeit. Wo ich doch so schon kaum mehr Zeitgefühl als Namensgedächtnis hab. Müde war ich vorher schon, bin ich seit Tagen, verfluchte Erkältung. Aber ich muss ja gar nicht selber denken und selber schreiben, jedenfalls nicht hier und heute, denn die Kolummne der "Tonne" dreht sich um Die Türen (von links nach rechts: Christiane Schoon, Galina Freund, Nadine Bohse, Silvan Kappler)



Disposition eines multiplen Systems

Das aktuelle Stück DIE TÜREN in der Tonne im Spitalhof gibt Einblick in das Leben einer jungen Frau, die nach und nach entdeckt, dass sie nicht alleine in ihrem Körper ? dass sie eine multiple Persönlichkeit ist. Viele Charaktere teilen sich ihren Körper. Eine Person ist viele. Wie kann man sich das vorstellen?

Am besten eignet sich das Bild einer Großfamilie: vom Spieltrieb besessene Kinder, geschäftstüchtige Männer, anspruchsvolle Frauen, kreative Cousins, musikalische Cousinen, ausgeflippte Teenager und nörgelnde Tanten leben in einem Haus. Sie diskutieren, streiten und versöhnen sich. Alle verbindet sie eines: die Verwandtschaft. Bei einer multiplen Persönlichkeit sind es auch viele, die eines gemein haben: Sie teilen sich den selben Körper. In dieser Konstellation ist Streit vorprogrammiert, Chaos und Konflikt liegen nahe. Denn was ist, wenn zum Beispiel der eine schlafen, der andere Musik hören möchte? Oder der eine liebt, der andere hasst? Bei unüberbrückbaren Differenzen verlässt man die Familie; den Körper einer multiplen Persönlichkeit kann niemand verlassen. Um das Leben mit ?vielen? zu gestalten, ist Planung, Organisation und Kompromissbereitschaft angesagt. Die Außenwelt kann das verblüffen, wenn zum Beispiel eine Person im Cafe gleich drei Getränke bestellt ? den Kakao für das Kind, den Cappuccino für die Mutter, das Bier für den Mann.
Wie entsteht eine Aufspaltung der Persönlichkeit? »Multiple Menschen sind zumeist Überlebende extremer Gewalt in der Kindheit ? und was sie überleben lässt ist das Vielsein«. So erklärt die Autorin Mischa Bach. Das Stück wirft viele Fragen auf. Aus diesem Grund wird im Anschluss an jede Vorstellung von DIE TÜREN in der gemütlichen Runde des Theatercafes ein Publikumsgespräch angeboten. Zwischen Publikum und Schauspieler kam es bereits zu angeregten Diskussionen und spannenden Begebenheiten. Eine Zuschauerin etwa beschrieb, dass sie das Stück bereits das dritte Mal gesehen habe. Sie sei auch »viele«, erklärte sie, und sie würde noch öfters kommen, denn es gebe noch einige von ihren insgesamt 122 Personen, die das Stück noch nicht gesehen haben. Die Darsteller geben in dieser Runde Einblick in ihr kreatives Schaffen mit Regisseurin und Autorin und stehen für Fragen zur Verfügung.

Die nächsten Vorstellungen von DIE TÜREN, mit Publikumsgespräch im Anschluss, finden am 29., 30. und 31. März jeweils 20.00 Uhr in der Tonne im Spitalhof statt.
? Linda Kreissle

Tja was soll ich sagen? Schade, dass Reutlingen so weit weg ist, wenn man im Pott lebt und leider keinen Privathubschrauber sein eigen nennt. Sonst würd ich mir noch ganz viele Vorstellungen angucken. Und hätte auch noch so manches zum Thema Multiple Persönlichkeiten zu sagen. Nicht nur darüber ließe sich reden, auch über das Stück und vor allem Lillihs Inszenierung könnte, sollte man sich unterhalten. Wenn man den da wäre, vor Ort, im Schwabenland. Und nicht hier im Pott säße, mit nach’ner Woche immer noch angeschlagener Gesundheit (so viel zum Thema "Disposition eines Autorenmalerdingenskirchen"). Immerhin scheint die Sonne. Ich glaub, ich geh mal’ne Runde nach draußen …
(Christiane Schoon alias Tess zeigt, dass man echt besseres mit’nem (Sonn)Tag anfangen kann, als die Zeit vorm Computer zu vertrödeln ….)

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