Einer wie ich würd mich vom Springen auch nicht abhalten – so lautet der überlange Titel von Reto Fingers neuestem Stück, das gestern in der Casa in Essen uraufgeführt wurde. Hätte man das nicht auch kürzer sagen können?!
Aber mit dem Sagen, also der Sprache, ist es in diesem Stück so ’ne Sache, wenigstens aus meiner höchst subjektiven Sicht: Die stummen Szenen, ob als Übergangsszenen oder stille Momente mittendrin, sind die schönsten. Im Schweigen, ob im vorübergehenden der "Partygäste" oder im konsequenten des sprachlosen Wolf (Lukas Grasser), den es erst an und schließlich über die Dachkante treibt, werd ich berührt.
Der Rest aber ist leider nicht Schweigen, sondern über weite Strecken Geplapper, Worthülsen in lehrbuchhafter Dramaturgie: Zwei Monologe werden lieblos nebeneinander gestellt, abwechselnd ineinander gestrickt. Statt Figurencharakterisierung gibt’s Sprachmanierismen à la "sagt Eichinger" bzw. "sag ich" (über ganze Strecken hinweg wieder und wieder wiederholt).
Und das heißt für mich, das Stück hat ein gewaltiges Problem und das kündigt’s – jedenfalls in meinen Autorenaugen – bereits mit dem überlangen Titel an: Was da Einer wie ich würd mich vom Springen auch nicht abhalten zu heißen scheint, klingt in meinem inneren Ohr wie Das Auftragsstück, das ich jetzt zuende schreiben muss, obwohl ich den Faden/die Lust/den Drang dazu verloren hab.
Schade. Die Situation an sich – die Feier über den Dächern, das Ex-Paar und sein Anwalt, der ältere Mann auf der vergeblichen Flucht vor seiner kranken Frau und eben der stumme Selbstmörder – hat was. Könnte echt spannend sein. Wenn der Autor sich auf seine Figuren und seine Geschichte eingelassen hätte. Nun ja .. vielleicht ein ander Mal? Falls ich dann noch Lust auf den neuen Reto Finger hab. Die neue Inszenierung von Annette Pullen schau ich mir bei Gelegenheit allemal an.
Überlange Titel
Dieser Beitrag wurde unter Theater abgelegt und mit autorengedanken, mischa_bach, Premiere, Theater, Uraufführung verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.