Über Woobooks kann man also als lesender Mensch Bücher entdecken, bevor es sie gibt, und ihre Entstehung unterstützen. Was aber hat mich als schreibenden Menschen bewegt, ein Buch bei Woobook machen zu wollen? Was bedeutet das für mich als Autorin?
Ganz ehrlich? Genau weiß ich das noch nicht. Für mich ist das in allererster Linie ein Experiment und eine Chance. Denn, wie diejenigen, die schon einmal eine meiner Geschichten gelesen, einen meiner Fernsehfilme gesehen oder gar eines meiner Stücke miterlebt haben, vielleicht wissen – ich habe die Tendenz, sowohl von den Inhalten als auch der Form her Genregrenzen und andere kategorische Erwartungen zu sprengen. Also, aus meiner Sicht spiele ich lediglich mit allen möglichen Elementen und versuche, das, was ich zu sagen haben, was ich erzählen möchte, so effizient und elegant wie möglich zu tun. Frei nach der Idee, dass Kunst dann Perfektion erreicht hat, wenn man nichts mehr hinzutun, aber auch nichts wegnehmen kann, ohne das Wesen des Kunstwerks zu verändern.
Einfacher ausgedrückt: auf der einen Seite geht es in vielen meiner Geschichten, Drehbüchern, Romanen und auch den Stücken immer wieder um Grenzerfahrungen und damit nicht selten um Gewalt und/oder Kriminelles. Also erinnert vieles in vielen meiner Geschichten, Bücher, Filme an Krimis oder Thriller und genau das steht oftmals sogar auf dem Cover. Was mich im Prinzip nicht stört, denn ich habe ganz sicher nichts gegen Krimis oder Thriller.
Aber zugleich ist das nicht alles. Ich habe z.B. leider überhaupt keinen Drang danach, eine Serie zu schreiben. Für mich gehören meine Figuren und ihre Storys untrennbar zusammen. Wenn eine Geschichte auserzählt ist, ist auch meine Zeit mit der Figur beendet. Hinzu kommt, Serien setzen voraus, dass man sich sehr viel stärker auf Genrekonventionen einlässt, als es mir und meinem Schreiben gut tut. Ich habe schon bei meinen Romanen das „Problem“, dass es darin zwar bislang immer (auch) um ein Verbrechen und wahlweise dessen Entstehung und/oder Aufklärung ging, dass das aber zumeist nicht der Hauptspannungsbogen ist. Ob ein Verbrechen aufgeklärt wird, interessiert mich beim Schreiben nämlich nicht so arg. Viel wichtiger erscheint mir, wie leben wir mit dem, was wir tun wie auch dem, was uns angetan wird, weiter? Was macht das mit uns? Und das heißt dann auch, dass so mancher, der klassischen Krimi oder typischen Thriller sucht, mit meinen Büchern nicht 100% glücklich werden wird.
Denn – und damit sind wir bei der anderen Seite, siehe oben – obwohl ich zwar Geschichten schreibe, die ein Literaturprof mal mit dem schön abgehobenen, aber treffenden Begriff „welthaltig“ beschrieben hat, ist mir die Form, Sprache, Erzählweise, Stil, all das dabei sehr wichtig. Mir ist sehr bewusst, dass das, was ich schreibe, im besten Fall ein Kunstwerk geschaffen aus Worten ist. Also versuche ich, diese Worte so gut wie nur irgendmöglich zu wählen. Unterhaltsam, spannend, berührend und zugleich literarisch, so versuche ich zu schreiben.
Und dann kommen dabei solche Sachen raus wie etwa Der Tod ist ein langer, trüber Fluss, eine Kriminalnovelle, die mit dem Martha-Saalfeld-Preis einen Literaturpreis erhielt und für den Glause als bestes Krimidebüt nominiert war. Und während es in der Laudation zu ersterem hieß „Es ist zwar nur ein Krimi, aber …“, versicherten mir hinterher Krimileser, dass es zwar eine Novelle sei, was sie sonst ja nicht lesen würden, aber diese sei ja spannend und man könne sie sogar verstehen.
Tja. Das ist dann ziemlich nah an meiner Idealvorstellung eines gelungenen Buches oder Textes. Nur weil es Kunst sein will, muss es nicht abgehoben sein – und nur, weil es mit Genres spielt und sich auch als Teil davon begreift, muss es nicht abgedroschen sein.
Und hier kommt dann die Chance, die ich in Woobooks sehe, ins Spiel: wenn sich die Leser*innen selbst ihre Bücher nach Gusto und Neugier aussuchen, vielleicht sind dann all die Kategorien und Schubladen, in die sich ein Buch sonst allein schon für den Vertrieb einsortieren muss, und zwar so eindeutig wie möglich, nicht mehr so wichtig und eben kein Hindernis mehr für Menschen, die wie ich ein wenig anders schreiben?
Keine Ahnung, ob das aufgehen wird, denn die große Frage ist ja, wie erhalten die Leser*innen, für die etwa „Zahltag – Geld ist nicht alles“ etwas sein könnte, Kenntnis davon, dass es existiert? Wird es mir gelingen, die entsprechende Aufmerksamkeit zu erzeugen? Und da sind wir dann beim Experiment, das Woobooks für mich auch bedeutet …