Am Nordkap

Nach dem Frühstück liefen wir in Honingsvåg ein, um von dort mit einem Reisebus zum Nordkap zu fahren. Unsere Reiseführerin, eine Thailänderin, die lange in Berlin gelebt hatte, bevor sie nach Norwegen auswanderte, war mit ihrem trockenen Humor dabei ebenso ein Hauptgewinn wie das Wetter: 18 Grad und Sonnenschein pur, dafür bräuchte man schon sechs Richtige mit Zusatzzahl, meinte sie.

So freundlich wird man in Honingsvåg am Hafen begrüßt

Auf dem Weg durch die baumlose Tundra erzählte sie von der Entdeckung des Nordkaps durch englische Seefahrer im 16. Jahrhundert und den ersten, überlieferten Touristen hier im Jahr 1664: Francesco Negri, ein italienischer Franziskaner. Mehr als hundert Jahre später, 1795, verschlug es Prinz Ludwig Phillipp I. auf seiner Flucht vor der französischen Revolution hierher. Und an die Nordkap-Reise von König Oscar II. 1873 erinnert bis heute die Oscarsäule. Der letzte in dieser Reihe hochillustrer Besucher, die damals natürlich keine bequeme Straße nehmen konnten, sondern aus der Bucht den steilen Berg hinaufklettern mussten, war König Chulalongkorn I. von Siam. Bei ihm war das Nordkap Teil einer Grand Tour durch die westliche Welt, und diese wiederum soll ihn maßgeblich in seinen zahlreichen Reformen Thailands bestärkt haben. Ihm ist bis heute ein kleines Museum am Nordkap gewidmet.

Nicht einmal die Rentiere, die überall auf der Insel grasen (der nördlichste vom Festland zu erreichende Punkt Europas liegt dank einer Verwechslung seiner britischen Namensgeber auf einer Insel …), leben hier dauerhaft. Sie verbringen hier den Sommer und bekommen ihren Nachwuchs, bevor sie im Herbst wieder aufs Festland zurückkehren.

Je näher wir dem Nordkap kamen, um so häufiger tauchten Campingplätze auf und um so mehr Bussen und anderen Fahrzeugen begegneten wir. Und auf dem Parkplatz vor der Nordkaphalle ankamen, war es hier für norwegische Verhältnisse voll. Aber das verlief sich auf dem weitläufigen Gelände wie auch im Inneren des mehrstöckigen Gebäudes mit Postamt, Laden, Restaurant, Kino, Kapelle und verschiedenen Museen recht schnell. An der Weltkugel, dem Wahrzeichen des Nordkaps, tummelten sich natürlich die Menschen (und auch wir gingen dorthin, um Fotos zu machen).

Doch das Beeindruckendste an diesem Ort ist und bleibt die ungeheure Weite. Man hat das Gefühl, bis zur Erdkrümmung und darüber hinaus schauen zu können. Ganz winzig und klein kommt man sich dabei vor, und fühlt sich dennoch verbunden, eingebunden ins große Ganze. Dieses Zurechtrücken der Perspektive liebe ich an diesen großen Landschaften, dem Meer, der Wüste, den schottischen Highlands oder eben die Weite hier oben im Norden.

Interessenpunkt bei der Weiterfahrt am Nachmittag: Finnkirka
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