Konzertkurznotizen

Letzten Samstag in der Philharmonie hatte ich die Freude, das Royal Concertgebouw Orchestra dirigiert von Matthias Pintscher mit drei modernen bzw. einem klassisch-modernen und zwei zeitgenössischen Stücken zu erleben: „Konzert für Orchester“ der slowenischen Komponistin Nina Senk, einer Auswahl aus Pintschers „Shirim“ und Béla Bartóks „Der wunderbare Mandarin.“ – wobei das Wunderbarste des Abends womöglich in der Duda Paiva Company bestand, die letzteres, also die Pantomime in einem Akt, mit/als Puppen tanzend aufführten.

Aber der Reihe nach. Nina Senks 2020 uraufgeführtes Konzert ist eine sehr sinnliche Reise mithilfe der Musik, denn die Komposition lässt nicht nur ganze Landschaften im Kopf entstehen, man meint geradezu, sich darin bewegen, den Wind spüren und sogar riechen zu können (und das, wo meine bescheidenen Synästhesien an sich in rhythmischen Farbgebilden bestehen). Und wie eine Landschaft aus lauter einzelnen Pflanzen, geologischen Formationen, Tieren, etc. und deren Zusammenspiel entsteht, so lässt die Komponistin jedes Orchestermitglied auf seine Art wenigstens einen Moment lang solistisch glänzen, bevor wieder das Ensemble als Ganzes übernimmt. Es fühlte sich gelegentlich an, als seien das Orchester ein großes, lebendiges Wesen, dessen Atem uns, das Publikum bewegte. Von dieser Komponistin möchte ich noch viel mehr hören!

Auf Pintschers „shir 2“ und „shir 4“ war ich sehr gespannt, handelt es sich bei den Kompositionen für Bariton und Orchester bzw. für Bariton, Orchester und gemischten Chor um Vertonungen von Gesängen aus Salomons Hohelied – und Hebräish höre ich sonst eher selten. Leider blieb das in gewisser Hinsicht auch bei diesen Liedern so, denn vom Text verstand man praktisch so gut wie nichts. Und so interessant einzelne Stellen auch waren, insgesamt hatte dieser Teil des Konzerts gehörige Längen und blieb mir weitgehend fremd, auf Distanz.

Bewegt und bewegend, manchmal auch in seiner thematischen Drastik (die kriminelle Großstadt, die Frau, die zur Prostitution gezwungen wird, die abgeschlachteten Freier bis hin zum erst nach dem dritten Mord tatsächlich toten wunderbaren Mandarin) verstörend ist dagegen Béla Bartóks Ballettpantomime. Dass man so mit Puppen verschmelzen kann wie die Tänzer der Duda Paiva Company, ist schon ein kleines Wunder in sich und macht doppelt Lust auf mehr: Mehr Bartók (auch wenn natürlich der Wunsch, hätte er doch mehr für die Bühne komponiert, ein müßiger ist) und vor allem mehr von diesem exzellenten niederländischen Ensemble. Wie gut, dass meine Schwester in den Niederlanden lebt … da sollte es doch möglich sein, sowohl vom Royal Concertgebouw als auch von der der Duda Paiva Company noch viel mehr zu erleben! 🙂

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