Richtig elegant sehen die vier Bücher aus, wie sie da so nebeneinanderstehen. Dabei eint die beiden Romane, die Erinnerungen und den Essayband ja nur ein Zufall – nämlich, dass ich sie in den letzen Wochen zuende gelesen habe und jetzt über sie schreiben kann (während ich bei anderen Büchern noch eine Sperrfrist beachten muss). Aber der Reihe nach. Beginne ich also mit dem Buch, was ich als letztes zur Hand nahm und auch zuletzt auslas, mit den Erinnerungen von Maria Gräfin von Maltzan: „Schlage die Trommel und fürchte dich nicht„.
Oft schmücken sich Bücher ja mit berühmten Zitaten und werden denen dann bestenfalls bedingt gerecht, und wer sich vielleicht schon bei der Biografie von Gerhard Schröder fragte, wer denn da warum trommeln soll, für den hier erstmal das Originalgedicht „Doktrin“ von Heinrich Heine:
Schlage die Trommel und fürchte dich nicht,
und küsse die Marketenderin!
Das ist die ganze Wissenschaft,
das ist der Bücher tiefster Sinn.
Trommle die Leute aus dem Schlaf,
trommle Reveille mit Jugendkraft,
marschiere trommelnd immer voran,
das ist die ganze Wissenschaft.
Das ist die Hegelsche Philosophie,
das ist der Bücher tiefster Sinn!
Ich habe sie begriffen, weil ich gescheit,
und weil ich ein guter Tambour bin.
Heinrich Heine
(* 13.12.1797, † 17.02.1856)
Ob das nun ausgerechnet auf den Brioni-Kanzler mit Hang zu falschen Freunden zutreffen mag, muss jeder für sich selbst entscheiden (ich kenne diese seine Biografie nicht und wüsste auch nicht, warum ich sie lesen sollte). Auf das Leben von Maria Gräfin von Maltzan, die nicht umsonst 1987 von der Gedenkstätte Yad Vashem als Judenretterin den Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern“ verliehen bekam, passt Heines Gedicht allemal.
Was für ein wildes, abenteuerliches Leben diese Frau geführt hat. Furchtlos und herb, mit unbeugsamen Gerechtigkeitssinn und offenbar von der Haltung geprägt, wenn du etwas Gutes bewirken kannst, tu es, ganz gleich, ob es einfach wird oder schwer und wie gefährlich es sein mag. So trotzt die 1909 in Schlesien geborene den Konventionen, so hält sie sich die Nazis vom Leib und rettet Juden und andere Verfolgte, so geht sie an ihre Arbeit als Veterinärmedizinerin heran, die noch Mitte 60 eine neue Praxis in Berlin Kreuzberg gründete und dort dann u.a. die Hunde von Punkern kostenlos behandelte, weil ihr wiederum deren Haltung imponierte.
Gerade mal 266 Seiten hat dieses 1986 erschienene Buch, und doch zeichnet es in starken Strichen und lebhaften Farben ein Leben nach, mit dem andere leicht 1000 Seiten gefüllt und doch nicht einen so ausgeprägten Eindruck dieser imposanten Frau erweckt hätten.
Ein Stück Zeit/Geschichte, das sicher noch lange lesbar und vor allem lesenswert bleiben wird.