Nichtstunkönnen

Eigentlich sollte man denken, mir als Autorin und Freiberuflerin, die den allergrößten Teil ihrer Arbeitszeit ohnehin allein mit sich verbringt, sollte es leicht  fallen, mit dem allgemeinen, virusbedingten Rückzug umzugehen. Okay, Lesungen und Kurse fallen aus oder werden verschoben, das ist blöd für die Einnahmensituation und, ja, klar, ich mag den dazugehörigen Austausch mit Menschen sehr. Dennoch, in meinem „normalen Alltag“, also dem vor Covid-19, habe ich mich nicht nach mehr Kontakt mit noch mehr Menschen gesehnt. Im Gegenteil, Terminanhäufungen aus welchen Gründen auch immer, wenn ich nicht nur bis zum Zeitpunkt X mit Arbeit Y fertig sein, sondern dafür auch noch irgendwohin muss, werden für mich leicht stressig.

Und jetzt? Es ist ja nicht so, dass mich die prekäre Situation im Kulturbereich, in der da draußen, in 3-D, ja bereits alles auf Null runtergefahren ist, existenziell bedroht. Ich habe das Glück, dass mein Lebensmensch das mit seinem Gehalt abfangen kann. Anders als Schauspieler, Ballettänzer oder Orchestermusiker kann ich meine eigentliche Arbeit weitermachen. Niemand hindert mich am Schreiben, ich hätte reichlich Zeit zu malen, und selbst Lektorate, Übersetzungen, ja sogar Coachings und Online-Kurse verlangen nicht, dass ich dafür das Haus verlasse.

An diesen Stellen ändert sich nichts. Und doch hat sich alles geändert, so fühlt es sich jedenfalls für mich an. Denn zumindest bis jetzt ist es für mich noch ein Balanceakt, mit der vollkommen veränderten Situation in der Welt da draußen umzugehen. Selbst, wenn ich versuche, ganz bewusst nur dosiert und aus ausgewählten Quellen meine Informationen zur aktuellen Corona-Lage zu schöpfen, das Thema drängt sich immer wieder auf – und sei es „nur“ durch die ungewohnte Sonntagsstille von draußen vor den Fenstern.

Und ganz egal, wie viel oder wie wenig Information sich man auf welchem Weg auch immer zuführt, die Unsicherheit bleibt. Niemand kann wissen, wie lange es dauert, bis ein Medikament, gar ein Impfstoff entwickelt und zu haben sein wird. Oder ob wir – also vor allem wir alle, die wir keine Virologen, kein Krankenhauspersonal, keine Ärzte etc. sind – es schaffen, bis dahin die Füße still und den räumlichen Abstand zwischen uns groß genug zu halten, dass die Ansteckungswelle sich hinreichend verlangsamt.

Eigentlich sollte man meinen, eine Situation, die primär Nichtstun – denn das bedeutet der schrittweise Shutdown ja für die meisten von uns in den meisten Belangen – von uns verlangt, müsste man in den Griff kriegen können. Blöderweise sieht das anscheinend nur für den Verstand so „leicht, weil logisch“ aus. Mein Bauch rumort ob der Unischerheit, meine Seele reibt sich dran, in einer Krise nicht aktiver sein zu dürfen, und mein armer Verstand versucht, Ruhe und Gelassenheit in den inneren Flohzirkus zu bringen. Ommmmmmmmmmm

Immerhin, die Morgenschreibstunde haben wir alle doch schon mal gut zusammen hinbekommen. 😉

Ich wünsch Euch allen da draußen trotz allem einen guten Tag! Macht das Beste draus – und denkt immer dran, Kreativität, neue Ideen, frische Perspektiven, für all das braucht’s am Anfang Zeit, Muße, gerne auch mal einen Tacken Langeweile … alles Dinge, die wir dank der nötigen, sozialen Isolation gerade reichlich haben könnten.

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