Längst sind wir aus dem Urlaub zurück und auch die Theaterferien sind Geschichte. Was aber ist mit den Geschichten, den Büchern, die ich im Sommer las, und über die ich wegen des anhaltenden Tennisarms noch nicht schreiben konnte? Was ist mir nach mehreren Wochen etwa noch von diesem Buch in Erinnerung:
Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika als Hauptfigur und Ich-Erzähler ausgestattet mit dem Insiderwissen um die tatsächlichen Abläufe im Herzen der Macht dank Ex-Präsident als (Co-)Autor. Naheliegend, dass man bei der Lektüre so manches Mal denkt, „ach so ist das, ist ja interessant“. Mr. Clinton kauft man ab, so wahrhaftig von der Mechanik der Macht zu erzählen, wie es die Staatsräson zulässt. Und dass das Ganze in einem handwerklich perfekt gebauten Thriller ohne auch nur ein einziges loses Fädchen mündet (man denke nur an den Veteran ganz zu Beginn …), dafür sorgt James Patterson als Profi allemal.
Es geht um Cyberterrorismus und Machtspielchen, um die Verletzlichkeit der IT und sämtlicher, davon abhängiger Infrastruktur, es geht um Miss- und um Vertrauen, Moral und um Thrillerspannung. Den nervigen Präsens habe ich Wochen später fast vergessen, ebenso die an Jugendliteratur (und nicht unbedingt solche der besten Art) erinnernde Unart, dem Ich-Erzähler diverse Passagen in der dritten Person zur Seite zu stellen, bei denen ich schon beim Lesen über die Frage, ist das noch personal oder doch schon auktorial?, stolperte.
Alles andere … nun, schon beim Lesen dachte ich zeitweilig mehr darüber nach, wer wohl an wen die Idee zum gemeinsamen Buchprojekt herangetragen hat: Wollte Ex-Präsident Clinton schon immer einen Thriller aus dem Weißen Haus erzählen und hat sich mit Patterson den dazu passenden Profi geholt? Oder brauchte Patterson Clintons Insiderwissen und obendrein seinen Namen, um genau diese Geschichte genau so erfolgreich zu erzählen? Denn dass ein Buch mit diesen beiden Namen auf dem Cover nichts als ein Bestseller werden könnte, das müssen die beiden von Anfang an gewusst haben. Und dass keiner von beiden anstrebte, zugleich ein literarisches Werk von innovativer Form, ungeahnter Ästhetik oder dergleichen mehr zu schaffen, dürfte nicht nur mir klar gewesen sein.
Insofern – what you see is what you get: ein Ex-Präsident und ein absoluter Schreibprofi schreiben einen Thriller im Weißen Haus und schaffen spannende Unterhaltung mit einem gewissen poltisch-moralischen Anspruch. Liebhaber des Thrillergenres kommen voll auf ihre Kosten (es sind ja nicht alle so maximaldramaturgieallergisch wie ich ;-))und wer schon immer mal kleine Blicke hinter die Kulissen des Weißen Hauses werfen wollte, bekommt eine Art Sonderführung durchs Polittheater.