Traurigmauligwunderschön

Drei Schauspieler in Bestform, eine verwandlungsfähige Bühne, die Praktisches und Poetisches mit leichter Hand mischt und eine Inszenierung, die nur so sprüht vor Ideen: das alles und noch viel mehr gab es heute in der Premiere von „Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt“ in der Box in Essen.

Mädchen mit großen Gefühlen; Paulina (Silvia Weiskopf) – oder vielmehr Maulina, die Prinzessin von Mauldawien (Foto: Diana Küster)

Das gleichnamige Kinderbuch von Finn-Ole Heinrich hat Preise abgeräumt, aber ob es so wunderbar traurigmauligwunderschön, so wild und zart, so komisch und trocken, so absurd und doch auch realistisch ist, wie das, was Regisseur Tobias Dömer und Dramaturgin Carola Hannusch daraus gemacht haben? Da wirkt nichts nacherzählt oder gestellt, verbogen oder gekünstelt, wie es so häufig der Fall ist, wenn mal wieder wer meint, ein (erfolgreiches) Buch auf die Bühne bringen zu müssen. Alles wirkt frisch und lebendig, und die Sprache, oh die Sprache! Da ist Musik drin, Rhythmus, kindlich-kreativer Spaß am Wortspiel und das macht Lust auf mehr (mir ganz persönlich sowohl auf die Maulina-Trilogie in Buchform als auch darauf, eines Tages selbst solch wunderbaren „Kinderkram“ schreiben zu wollen).

Ein Moment der Nähe zwischen Mutter (Ines Krug) und Tochter Paulina (Silvia Weiskopf) in „Plastikhausen“ (Foto: Diana Küster)

Aber zurück zum Stück. Paulina (Silvia Weiskopf) ist sauer, weil sie mit ihrer Mutter (Ines Krug) nun in „Plastikhausen“ allein lebt und in eine neue Schule muss, obwohl sie sich doch sicher ist, „der Mann“, der nun die Riesenfamilienwohnung samt Gartenreich für sich hat, ist schuld an allem. Das weckt den Maul, also die Wut in ihr – und allein, wie wild verrückt Silvia Weiskopf diese An- und Verwandlungen spielt, wäre einen Extrabesuch in der Box wert. Dann könnte man auch ein weiteres Mal sehen, mit welcher Zärtlichkeit Ines Krug Paulines Mutter verkörpert – und wie Stefan Migges zwischen Paulinas neuem Freund Paul und ihrem Großvater, dem General von Käse wechselt.

Zwei junge Detektive bei der Observation: Paul (Stefan Migge) und Paulina (Silvia Weiskopf) (Foto: Diana Küster)

Überhaupt, all die Details: der Pappkarton, der zum Pfannkuchen wird, die Plastikwohnung im Schrank, die Lehrer aus dem Lautsprecher, und, und, und. Was Gesa Gröning alles auf die winzige Bühne der Box bringt und wie viele Regieeinfälle in gerade mal 80 Minuten passen, ist schier unglaublich. Aber definitiv wahr. Ich hab’s ja heute selber gesehen. Und wünsche jedem, der entweder selbst noch Kind ist oder wenigstens nicht vergessen hat, wie sich Kindsein in den schönsten wie schwierigsten Momenten anfühlt, dass er (oder sie) das Glück hat, eine Karte für eine Vorstellung in der Box zu ergattern.

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