Eva Figes: Journey to Nowhere

In ihrem letzten Buch, das 2008 erschien, beschäftigt sich Eva Figes erneut auf ganz besondere Weise einerseits mit persönlichen Erinnerungen und andererseits mit historischen Fragen. Dreh- und Angelpunkt ist dabei die Geschichte von Edith, die vor dem 2. Weltkrieg Hausmädchen bei den Ungers, Evas Familie in Berlin war und die dort Judenverfolgung im Untergrund überlebte. Ihre Journey to Nowhere führt sie anschließend in den gerade gegründeten Staat Israel – doch ankommen, heimisch werden wird sie dort nicht.

Deutsche Juden, Jecke, sind offenbar zwar wichtig für den zionistischen Staat, der sich nach außen als sicherer Hafen für alle Juden darstellt, doch als Individuen sind sie nicht willkommen. Edith, die in einem Waisenhaus aufwuchs, mag dort nicht bleiben, sondern sucht und findet danach die einzige Ersatz“familie“, die sie je hatte: die Ungers, die sich 1939 nach England retten konnten.

Frau Unger sieht darin lediglich die Chance, mit Edith‘ Einzug in die Dienstbotenkammer die großbürgerliche Vorkriegsnormalität nun in England wenigstens im Ansatz wieder aufleben zu lassen und für den Hausherrn ist alles Häusliche ohnehin Frauensache. Evas kleiner Bruder spricht kaum mehr Deutsch, also bleibt sie, der rebellische Teenager, als einzige Gesprächspartnerin für Edith.

Viele Jahre später sind es Edith‘ Erinnerungen, die die erwachsene Schrifstellerin auf die Suche nach den Hintergründen schicken: Wie kann es sein, dass Juden Juden diskriminieren? Und wie kam es eigentlich zur Gründung des Staates Israels, wenn man die nur allzu bekannten Mythen (siehe etwa den Film „Exodus“) beiseite lässt? Das Ergebnis ist gewiss für manchen kontrovers, das liegt wohl in der Natur der Sache.

Mir wurde beim Lesen bewusst, wie viel ich z.B. in der Schule über das dritte Reich und den Holocaust gelernt habe, doch die Gründung Israels tauchte dann höchstens noch als lapidarer Nachsatz auf. Das Getöse der „Standardschlagabtauschargumente“ zwischen pro-israelisch und pro-palästinensisch orientierten Zeitgenossen tat anschließend ein Übriges: andere Ansichten jenseits dieses krassen Schwarz-Weiß-Denkens kamen einfach nicht vor (oder dagegen an). Deshalb war es sehr erhellend, oft auch bewegend und allemal gedanekenanregend zu lesen, wie sich die Geschichte aus dem Blickwinkel einer in Deutschland geborenen, als Kind nach England geflüchteten Schriftstellerin ausnimmt, die erst auf der Insel nach und nach entdeckt, dass sie  (säkulare) Jüdin ist.

Und obwohl ich an diesem Buch wie an allem anderen, was ich bislang von Eva Figes gelesen habe, gerade ihre Sprache sehr schätze, ist Journey to Nowhere streckenweise stilistisch seltsam – mir hat sich jedenfalls der Sinn der eigenartigen Wiederholungen ganzer Passagen, nicht so recht erschlossen. Doch zugleich hat mich das Gefühl, ich hätte mich „verblättert“, keine Sekunde am Weiterlesen gehindert – es lohnt sich also, ggf. über das eine oder andere hinwegzulesen!

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