Sex & Subterfuge – zu deutsch in etwa: „Geschlecht und List“ – betitelte 1982 Eva Figes ihre Untersuchung zu englischen Schriftstellerinnen vor 1850. Ich habe endlich die Zeit gefunden, den schmalen Band über die anderen Umständen, unter denen Schrifstellerinnen einst das Schreiben begannen, zu lesen. Eine lohnenswerte Mühe, wie ich finde.
Als der Roman als Form noch jung war, galt er vielen Menschen als so schädlich wie im 20. Jahrundert erst das Kino und dann das Fernsehen, später dann die Computerspiele und das Smartphone. Wer lesen wollte, sollte entweder was lernen – sich etwa eine Biographie zu Gemüte führen -, oder sich mit Metrik und Reim, also der Dichtkunst beschäftigen. Für ganz besonders schädlich hielt man(n) im 18. und 19. Jahrhundert Liebesromane in Frauenhänden: nicht auszudenken, wenn das Lesen solcher Machwerke aus gehorsamen Töchter Anhängerinnen der romantische Liebe und Verfechterinnen eigener Entscheidungen in Herzensangelegenheiten machte!
Das klingt nur im ersten Moment arg lächerlich, denn eines muss der heutigen Leserin klar sein: Als Teil der gebildeten Schicht war zu heiraten die Hauptbestimmung der Frau. Und nur wer auf dem Pfad der Tugend und Gehorsamkeit blieb, konnte auf eine gute Partie hoffen, die den eigenen Status und den der Familie sicherte. Alles andere wäre gesellschaftlichem Selbstmord gleichgekommen.
Hat man das im Hinterkopf, bekommen Liebesromane aus dieser Zeit einen ganz anderen Beigeschmack. Wer bis dahin womöglich Jane Austen & co. als nette, aber letztlich folgenlose, unwichtige Unterhaltung las, muss sich klarmachen: diese Romane, die den Übergang vom Mädchen zur Frau, von der Tochter zur Gattin zum Thema haben, sind nicht einfach bloß eskapistische Liebesromane. Sie bechreiben genau den schmalen Pfad der Tugend und den Weg der Frau zu der wichtigsten Entscheidung ihres Lebens – der Heirat. Das ist nicht belanglos, das war existntiell.
Jedoch, in was für einer Situation fanden sich aber die Autorinnen solcher Romane wieder? Wie konnten sie es hinbekommen, Literatur zu schaffen, die ihr (zumeist weibliches) Publikum fand, ohne dabei Gefahr zu laufen, selbst als unmoralisch oder ähnliches zu gelten? Welche Erzählformen standen ihnen offen, inwiefern unterschieden die sich von denen ihrer männlichen Kollegen und was hatte es eigentlich mit der Gothic Novel auf sich? Welche Autorinnen ebneten den Weg und mit welchen Schwierigkeiten hatten sie zu kämpfen? Kurzum: wie sahen die anderen Umstände aus, unter denen unsere Schriftstellerahninen einst arbeiteten, sei es zum eigenen Vergnügen, aus künstlerischer Notwendigkeit oder um sich und ihre Familien zu erhalten?
Diesen und verwandten Fragen geht Eva Figes kenntnisreich nach. Dass sie selbst nicht nur Literaturwissenschaftlerin sondern auch (vor allem?) Schriftstellerin ist, merkt man dem Buch sehr positiv an. Schade, dass es nurmehr antiquarisch zu erhalten ist und eine deutsche Übesetzung fehlt.