Barock und ich

Ariodante – ich gestehe, bevor ich die E-Mail mit den für Gebührenkarten freigegebenen Vorstellungen des Monats bekam, hatte ich den Namen nie gehört, ja, mir war nicht einmal bewusst, dass Georg Friedrich Händel neben Oratorien und Konzerten, Kammer- und Kirchenmusiken auch Opern geschrieben hat. Seit gestern weiß ich nun, wie diese Händel-Oper klingt:

vor allem barock. Mir Opern-Laien erscheinen die Koloraturen jedenfalls wie das musikalisch Pendant zu all den Putten, dem Blattgold, all den Verzierungen, die die barocke Kunst und Architektur für mich so sehr prägen wie ungenießbar machen.

Insofern musste ich trotz sicher brillanter Sängerinnen – Ariodante verlor gegen Ende zwar ein wenig Stimme, was mir jedoch kein Wunder erschien bei all den ‚Verschleifungen‘, den nicht enden wollenden Tonverzierungen, oder Christina Clark als Dalinda – manches einfach aushalten. Vor allem beim verliebten Sopran von Olga Pasichnyk als Prinzessin Ginerva … dass ich wirklich kein Fan der hohen und höchsten Töne bin, hat sich vermutlich inzwischen ohnehin herumgesprochen. Aber Ieva Prudnikovaite als Herzog Polinesso zu hören, hat für vieles entschädigt. Wieso müssen ‚die Bösen‘ immer als erste sterben? Ihre Rolle hatte für mich (dramaturgisch wie subjektiv-emotional) die größte Tiefe, ihre Bühnenpräsenz macht Sehnsucht, sie zu zeichnen, zu malen und ihre Stimme ist schlichtweg faszinierend.

Außerdem: Wann hört man sonst Instrumente wie Laute oder Cemballo? Das war so manche Länge und manchen kleinen ‚Sitzkrampf‘ wert. Dennoch – dreieinhalb Stunden auf ein mehr oder minder einheitsgraues Bühnenbild in kaltem, eigenartigen Licht zu starren (z.B. wenn beim Solo von Michael Smallwood mittendrin plötzlich in der hinteren Hälfte der Bühne das Licht angeht, obwohl dort nichts und niemand zu sehen war: ist das ein Lichtfehler? Oder ein Denkfehler?), das war sehr anstrengend. Erst recht mit all den barocken Koloraturen im Ohr …

Deshalb glaube ich auch nicht, dass ich mir sobald wieder einen Händel im Aalto anschauen werde. Ein händelsches Konzert, Kammer- oder Kirchenmusik dagegen, das anzuhören, könnte ich mir sehr gut vorstellen.

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2 Antworten zu Barock und ich

  1. nyequa sagt:

    Hallo 🙂
    Schön dass Du einen Zugang zu Händels Opern gefunden hast. Falls Du Interesse hast, kann ich Dir noch ein paar weitere Werke empfehlen. Bei über 40 Opern gibt es da genug zur Auswahl.
    Spontan würde ich Dir „Alcina“ und „Giulio Cesare in Egitto“ ans Herz legen. Aber es gibt noch viele andere schöne Werke.
    Viele Grüße,
    Nyequa (http://musikempfehlung.wordpress.com/)

    • mischabach sagt:

      Wow – endlich meldet sich mal jemand, der was von Opern versteht! Ja, doch, ich denke, ich komme bei Gelegenheit gerne auf das Angebot mit den Empfehlungen zurück. 🙂
      Liebe Grüße
      Mischa

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