Als ich vor einigen Wochen meine Neurologin fragte, ob ich zum Vortrag „Migräne und posttraumatische Belastungsstörung. Gibt es Zusammenhänge?“ in ihrer Praxis kommen könne, ging es mir rein um das Thema bzw. die Themen. Heute war dieser Vortrag und erst vor Ort wurde mir bewusst, dass dies eine Fortbildung für Ärzte ist und ich mithin sozusagen zu Besuch auf der anderen Seite war. Eine Erfahrung, die mich bereichert und nachdenklich gemacht hat.
Wie die meisten Menschen, die keine Mediziner (und auch keine Sprechstundenhilfe) sind, begegne ich Ärzten ansonsten in Behandlungszimmern, also mit klarer Rollenverteilung: Ich habe irgendein (vermutlich) medizinisches Problem, es geht mir nicht gut, ich hoffe auf Rat und Hilfe von meinem hoffentlich kompetenten Gegenüber im weißen Kittel.
Dass Ärzte weder Halbgötter in Weiß sind noch dauernd als Heiler oder/und Forscher durch die Welt laufen, liegt auf der Hand. Menschen sind nun mal nicht ihre Berufe, das wäre sehr einschränkend und vermutlich langweilig für uns alle. Und dass Arztsein kein Beruf ist (und schon gar nicht sein sollte), wo man ein für allemal sein Fachgebiet studiert & erlernt, und dann praktiziert man die nächsten 30+ Jahre schlicht vor sich hin, ist ebenfalls klar.
Insofern hätte ich mir denken können, dass eine Fortbildung unter Kollegen mehr ein gemeinsames Suchen und Forschen ist als eine Veranstaltung „vom Katheder herab“. Natürlich war der Vortragende der Fachmann auf seinem Gebiet, und hatte insofern den anderen einen nicht unerheblichen Wissensvorsprung voraus, aber das war nicht alles. Denn es ging ganz offensichtlich nicht nur darum, den anderen den Forschungsstand in der Frage nach möglichen Zusammenhängen zwischen PTSD und Migräne aufzuzeigen, sondern auch um Austausch in beide Richtungen. Anregungen zum – natürlich komplett anonymisiert – vorgestellten Fallbeispiel waren ausdrücklich erwünscht.
Das mitzuerleben, Ärzte einmal als Fragende und nicht als Antwortende, als Suchende zu sehen, das war auf eigenartige Weise berührend für mich. Und es hat mich gefreut, dass ich mich auch einbringen und mitdiskutieren durfte.
Es ist schon merkwürdig, dass man manchmal den Tellerrand der eigenen Wahrnehmung erst in dem Moment bemerkt, wenn man bereits drüber hinaus schaut … und so würde ich mich freuen, weiterer, solcher „transzendierenden“ Erfahrungen zu machen.