Dieses Semester unterrichte ich ein weiteres Mal Mord zwischen Buchdeckeln am Institut für Optionale Studien (IOS) der Universität Duisburg-Essen. Literatur für bzw. mit Nichtliteraturwissenschaftlern – das hat auch beim dritten Mal seinen Reiz. Jedes Mal anders ist es sowieso. Denn das liegt in der Natur des Unterrichtens – dass man sein eigenes Fach, all die Dinge, die einem so selbstverständlich erscheinen, mit neuen Augen sehen lernt.
Manchmal sind es die Begrifflichkeiten – dass Poetik nicht Poesie im Sinne von Gedichten, wie man sie aus Deutschunterricht und Poesiealbum kennt, meint, darauf kommt man nicht von alleine. Aber genau diesen Fakt hatte ich komplett vergessen, denn dass ich selbst lernte zu verstehen, dass Poetik die Lehre von der Dichtkunst bezeichnet, ist schon ewig her und mir wie selbstverständlich vertraut. Doch die Kehrseite solcher Vertrautheit ist die Gewohnheit und die liegt häufiger mal knapp neben der Betriebsblindheit.
Deshalb hoffe ich, dass mir der doppelte Bogen gelingt – nämlich meinen Studenten die Augen zu öffnen für die wissenschaftlichen wie künstlerischen Aspekte von Literatur, während sie mir im Gegenzug dafür ermöglichen, wenigstens momentweise hinter meine eigenen, erworbenen blinden Flecken zu schauen …