Immerhin keine Regionalkrimis, könnte ich bissig und gemein sagen. Aber was steht drin in Jakob Arjounis Bruder Kemal. Kayankayas fünfter Fall und was ist dran an Bielefelds & Hartliebs Bis zur Neige. Ein Fall für Berlin und Wien?
Arjouni erzählt mit seinem hessisch-türkischen Privatermittler Kayankaya ganz klassisch hardboiled, mit verführerischer Auftraggeberin samt dreckigen Geheimnissen, Cops, auf die man sich wohl nicht nur als Privatermittler besser nicht zu sehr verlässt und all den anderen, genretypischen Schnittstellen zwischen High Society und Unterwelt. Oder was man auf der einen Seite für das andere halten mag und umgekehrt. Und weil Arjouni nun mal schreiben kann, liest sich das trotz aller gelegentlicher Vorhersehbarkeit gut – erst recht dank der Außenseiter- bzw. Menschenmitmigrationskintergrund-Seitenhieber dieser ganz speziellen Geschichte. Man daraf halt bloß nicht ins Grübeln kommen, wieso um alles in der Welt ausgerechnet dieses Genre zumindest bei seiner Geburt darauf beharrte, so viel realistischer zu sein als der gute, alte Whodunit britischer Bauart. Aber das muss man ja auch nicht tun. Spannend und unterhaltsam genug ist Bruder Kemal allemal.
Was man von Bis zur Neige nicht sagen kann. Der Fall samt Berlin-Wien-Connection ist an den Haaren herbeigezogen: Eine Spät-RAF-Geschichte trifft auf Bioweinbau im Weinviertel, sozusagen, und während in Deutschland der Verfassungsschutz aufläuft, holt man in Wien den ganz großen Teppich zum Drunterkehren. Dass es an die hundert Seiten dauert, bis es überhaupt einen Fall gibt (und man bis dahin im bestenfalls mäßig interessanten Privatleben der beiden verbeamteten Ermittler gefangen ist) und die Ermittlungen letztendlich nichts mit der auf dem Silbertablett servierten sogenannten „Lösung“ des Falls zu tun haben, macht die Sache keinesfalls besser. Das Buch kann man sich wirklich sparen – und mir wird es hoffentlich eine Warnung sein, was weitere Berlin-Wien-Fälle aus dieser wenig spitzen Doppelfeder angeht …