Ich bin ja recht skeptisch, wenn schon wieder mal ein erfolgreiches Buch für die Bühne adaptiert wird. Wenn der Autor dann noch wie Guus Kuijer für sein Werk mit Preisen überschüttet wurde, steigt mein Bedenkenpegel bedenklich. Doch bei Siegfried Hopps Inszenzierung von Wir alle für immer zusammen, die heute in der Essener Casa Premiere hatte, ist all das überflüssig – die ist nämlich ideenreich und wunderbar gelungen!
Das beginnt beim ebenso verspielten wie bestens bespielbaren Bühnenbild (Fabian Lüdicke) aus Kisten und Kästen, die wie Bauklötze wild übereinander gestapelt sind und das doch so sicher zu beklettern ist wie ein Abenteuerspielplatz der besseren Art. Dazu die Prospekte mit aufgemalten Häusern und Fenstern, die von innen heraus (eigentlich ja von hinten) strahlen können wie ein selbstgebaute Laterne, das hat schon poetische Qualität.
Was sehr gut passt, denn Polleke (Anna Döing) will ja unbedingt Dichterin werden. Schließlich ist ihr Vater Spiek auch Dichter – sagt er, aber schreibt nicht, sondern dealt nur, was zu einer Menge Stress führt, den seine Tochter sicher nicht gebraucht hätte. Der Lehrer dagegen mag zuverlässig sein, vielleicht sogar nett – doch muss er sich deswegen in ihre Mutter verlieben? Diese Unverfrorenheit der Erwachsenen (wer will schon Stiefkind des Lehrers sein!) ist bloß der Anfang, doch den Rest der Geschichte muss sich jeder schon selber ansehen. Nicht nur, weil ich so ungern Inhaltszusammenfassungen schreibe wie lese. Sonder vor allem, weil ich fürchte,egal wie gut die Buchvorlage sein mag, das wird nicht reichen. Selbst beim Lesen der Bühnenfassung von Philippe Besson und Andreas Steudtner wird das wichtigste fehlen:
Die Schauspieler. Wie in einem Wirbelwind aus Spielfreude verwandeln sie sich immer wieder – aus Pollekes Freund Mimun macht David Simon im Basecapumdrehen den Mitschüler Gamesch, um im nächsten Augenblick Spiek, Pollekes Vater und dann der Pförtner des Untersuchungsgefängnisses oder auch Mimuns Vater zu werden. Markus Rührer ist ebenso überzeugend (zuverlässiger, aber leicht langweiliger) Lehrer wie (verständnisvoller) Opa, und auch als Sina wie als Diana, Spieks neue Frau bzw. neue Geliebte macht er gute Figur. Noch schneller, noch rasanter dreht sich nur das Figurenkarussel bei Ines Krug, die sich von Pollekes Mutter in die von Mimun verwandelt, und die genauso als betagte Oma wie als Pollekes elfjährige Schulfreundin Karo glänzt. Bloß Polleke bleibt immer sie selbst – und das die ganzen 85 Minuten, ohne Pause, stets im Rampenlicht, stets auf der Bühne.
Da kann man wirklich nur sagen: Chapeau. Und allen Menschen ab 12 raten: reingehen und selber schauen!