Frauensachen

Da ich gerade für mein neues Uni-Seminar zum Thema „Schreibt sie anders, als er denkt? Gender & Kriminalliteratur“ lese, kann ich über den größten Teil meiner Lektüre z.Zt. schlecht im Blogg schreiben. Theoretisch könnte man auch die drei Romane von Amanda CrossThe Theban Mysteries, Death in a Tenured Position und The Players Come Again – in diese Rubrik einordnen, doch so viele Referatsthemen werde ich kaum brauchen. Und da meine Studenten ja auch diesmal alles, außer Literaturstudenten sein werden, behalte ich Cross‘ akademisch-literaturwissenschaftliche Detektivin Kate Fansler einfach für mich bzw. fürs Blogg.

Jeweils zehn Jahre liegen zwischen diesen drei Büchern und ganz passend verändert sich auch das jeweilige Lebensalter, die jeweiligen Lebensthemen, um die es dabei geht. The Theban Mysteries erschien 1971 und behandelt u.a. einen unklaren Todesfall an einer exklusiven Mädchenschule in New York. Interessanter als die Tote scheint jedoch das drumherum – angefangen beim Vietnamkrieg und wie dieser letztlich eine ganze Gesellschaft zerriss, über Fragen der Coedukation (oder besser nicht) und solchen nach den Folgen und Nebenwirkungen fortschrittlicher Unterrichtsmethoden, die aus dem Method Acting stammen könnten. Ich habe es sehr genossen, in die 70er in New York einzutauchen und die Handlung dabei aus Sicht einer feministischen Intellektuellen zu erleben statt aus der eines Vietnamveterans oder männlichen Journalisten.

Death in a Tenured Position (1981) ist eine recht akademische Angelegenheit, geht es doch um Ermittlungen in Harvard, das Ende der 70er/Anfang der 80er offensichtlich noch ausgesprochen frauenfeindlich gesonnen war. Dass dabei die einzige Literaturprofessorin erst in eine unangenehme Situation und schließlich umgebracht wird – auf der Höhe ihrer Karriere sozusagen, in den besten Jahren – ruft Kate Fansler, selbst Literaturprofessorin und Detektivin auf den Plan … Auch, wenn meine Erfahrungen mit Ivy-League-Unis sich auf ein paar Wochen Austauschprogramm im Rahmen meines Dissertationsstipendiums an der Brown University in Rhode Island beschränken und ich dort erst 1994 zu Gast war — dieses Buch zu lesen war eine interessante Mischung aus Wiedererkennen und Überraschung. Wobei auch hier anzumerken ist, wer rein auf Krimiplots aus ist und akademischem Leben inklusive feministischer Debatten nichts abgewinnen kann, sollte vielleicht lieber etwas anderes lesen.

In The Players Come Again (1991) kommt der einzige echte Mord in meiner zugegeben etwas zufälligen Cross-Auswahl vor – doch bis der (für mich) überraschend im Dialog fast en passant thematisiert wird, hat man bereits rund 200 Seiten Literatur-, Alltags- und Frauengeschichte der spannenden Art hinter sich und Kate Fansler hat sich gewissermaßen quer durch drei bis fünf Frauenleben im 20. Jahrhundert ermittelt. Das passt, denn erst soll sie eine Biographie schreiben (die der Gattin und Muse eines berühmten Schriftstellers) und dann deren Werk herausgeben, wobei sie auf dem Weg noch sämtliche Familiengeheimnisse dieser Dame und eben der drei alten Frauen, die Kate auf ihre Spur gesetzt haben, auflöst.

Man merkt einfach, dass Amanda Cross das Pseudonym von Carolyn G. Heilbrun, einer großen Literaturwissenschaftlerin und Feministin, ist. Mag sein, die eigentlichen Kriminalfälle – so sie denn überhaupt behauptet werden – sind weit weniger wichtig als das, was Cross/Heilbrun durch Kate Fansler über die Rolle der Frau in der modernen Gesellschaft zu sagen hat. Spannend und erhellend ist die Lektüre allemal. Erst recht, wenn man selbst einen gewissen Faible fürs Akademische hat. 😉

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