Reisebegleiter

Nicht jedes Buch muss wie ein guter Freund sein – oft reicht eine einmalige, schöne oder spannende Begegnung aus. Genau das suche ich bei Reisebegleitern in Buchform: gut geschriebene Geschichten, die mich gut unterhalten, zum Nachdenken anregen, spannend sind, etc., bei denen ich aber auch weiß, ich werde sie kein zweites Mal lesen wollen. Insofern eignen sich Krimis und Thriller sehr gut als Urlaubslektüre. Zumindest theoretisch. Gestern abend sortierten sich gleich drei beim An- bis Querlesen gewissermaßen selbst aus: denn ewig grüßt der Serienkiller … und macht mich gähnen.

Tödliches Solo von Bracht und Bracht liest sich zu Anfang wie Muttis und Vatis Versuch, aus ihrer eigenen Jugend in den wilden 60ern ein Jugendbuch mitsamt pädagogisch-wertvollen Anspruch zu machen. Behäbiger und erklärender, als sich dessen erstes Kapitel liest, dürfte damals auch kein Deutschlehrer geschrieben haben. Im zweiten Kapitel dann aus der Ich- in eine Er-Perspektive des jugendlichen Täters zu wechseln, der seine Ex-Flamme umbringt, was jedoch in den letzten Sätzen eben jenes zweiten Kapitels aus deren Sicht geschildert wird, macht das Ganze weder glaubwürdiger noch spannender — und Lust aufs Weiterlesen stellte sich bei mir rein gar keine ein.

Ebenfalls im Altpapier landen wird Luc Deflos Totenspur. Sprachlich auf dem Niveau eines Zehntklässlers, der mit seinen beschränkten Mitteln versucht, wie ein moderner Hardboiled- oder Thriller-Autor zu schreiben, die Figuren bestensfalls mit der Heckenschere ausgeschnitten und nur als Plotträger gut – wieso sollte es mich da kratzen, wer hinter den „grauenhaft verstümmelten Frauenleichen“ steckt? Ich kann’s einfach nicht mehr sehen – auch nicht lesen oder hören – all diese überblutigen Serienkillerstories, die am Ende nur beweisen, warum ursprünglich Thriller als reines Groschengenre galt: Das ist so billig, so abgeschmackt, so langweilig. Wenn eine Geschichte nur dadurch spannend gemacht werden kann (oder auch nicht), dass ‚das Böse‘ mit noch mehr vom selben droht, dann taugt sie nichts. Ich werde jedenfalls meine Zeit auf so einen Mist garantiert nicht verschwenden. Schade eigentlich, denn es wäre der erste Roman aus dem Flämischen gewesen, den ich bewusst gelesen hätte (und, nein, das unterirdische Sprachniveau kann nicht nur aufs Konto der Übersetzerin gehen).

Tatjana Kruses Kreuzstich, Bienenstich, Herzstich so schnöde zu entsorgen, das könnte ich nicht. Schließlich schätze ich die Kollegin sehr und in ihren Kurzgeschichten funktioniert die Mischung aus skurrilen Figuren, schwarzhumorigen Geschichten und locker-flockigem Schreibstil auch für mich ganz wunderbar. Aber in Romanform … da stoße ich an meine (andere) Grenze. Von ihr Vorlesenlassen würd ich’s mir sicher (sie lesen zu hören, ist immer ein Genuss), doch zum Selberlesen sind die komischen Krimis einfach nicht mein Ding. Und dass sie’s in dem Roman ebenfalls mit einem Serienkiller (oder einer -in) versucht, macht’s für mich nicht besser. Schade. Wünsch ich ihr einfach jede Menge LeserInnen, die genau das mögen. Und falls sich eine davon in meinem Bekanntenkreis befindet: Ich hätte da ein Buch umständehalber in gute Hände abzugeben …

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